Schwäbische Zeitung: Moody–s und der Drohnenkrieg – Leitartikel

Wo Griechenland liegt, das weiß jeder. Dass die
griechische Krise, und noch mehr die italienische und die spanische,
unsere exportorientierte Industrie treffen können, weiß auch jeder.
Jetzt aber haben wir es Schwarz auf Weiß, dass das passieren könnte.
Moody–s sei Dank. Erinnern Sie sich noch an Enron? Der amerikanische
Stromriese wurde von Moody–s 2001 als solide eingestuft. Wenige Tage
später legte die Firma die größte Pleite in der Geschichte der
Vereinigten Staaten hin. Auch die Immobilienkrise in den USA wurde
befeuert durch erstklassige Urteile einiger Ratingagenturen.

Idealerweise besteht solch eine Firma, die Länder wie Schlachtvieh
begutachtet, aus Menschen, die Zahlen in Computer füttern. Offenbar
arbeitet sie aber auch mit Menschen, die sich weder für die
topographischen Details eines Landes noch die nationalen Eigenarten
oder die historischen Determinanten eines Staates und seiner
Wirtschaft interessieren. Deutsche Eigenarten wie das System der
Sparkassen und Genossenschaften, das maßgeblich zur Stabilisierung
beiträgt, verstehen sie nicht. Wir wagen mal zu behaupten, dass ein
junger Universitätsabsolvent im Hauptquartier von Moody–s vielleicht
gar nicht weiß, wo Baden-Württemberg liegt. Ganz offensichtlich und
viel bedrückender ist aber, dass er den Unterschied ignoriert
zwischen einem prosperierenden Bundesland wie Baden-Württemberg und
einem hochverschuldeten Stadtstaat wie Berlin.

Solche Analysen aus der Ferne erinnern an Geheimdienstmitarbeiter,
die aus der täglichen Zeitungslektüre geheime Informationen machen.
Oder an jene jungen Menschen mit Joystick, die von einer Militärbasis
in Nevada Drohnen steuern, die 15000 Kilometer entfernt in
Afghanistan oder dem Irak Raketen abfeuern.

Wir wissen, wie wichtig gerade jetzt der Blick von außen auf uns
und auf unsere Wirtschaft ist. Nur brauchen wir dazu einfach keine
gestriegelten Analysen, bei denen nie ganz klar ist, was Spekulation
und was Faktum ist.

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