Schwäbische Zeitung: Neue deutsche Außenpolitik

Manchmal scheint es so, als bestehe
Deutschlands einziges Problem mit Saudi-Arabien darin, dass Riad
einen Blogger auspeitschen lässt. Doch es gibt viele Streitpunkte –
und mal ehrlich: Sigmar Gabriel reist doch nicht nach Saudi-Arabien,
um dort den inhaftierten Internetaktivisten Raif Badawi
freizubekommen. Er wird auch kaum einen Handel vorgeschlagen haben,
bei dem die Saudis die geschätzten deutschen Panzer erhalten und
Gabriel sich dann damit rühmen darf, den Freiheitsaktivisten aus dem
Gefängnis geholt zu haben.

80 Wirtschaftsvertreter begleiten den Vizekanzler nach
Saudi-Arabien, Katar und in die Vereinigten Arabischen Emirate. Drei
konservative Golfstaaten sind das, unverschämt reich und zuverlässig
als Partner. Dass in Gabriels Entourage kein Vertreter eines
Rüstungsunternehmens mitreist, ist ein Zeichen, insbesondere an das
Königshaus Saud: Da kommt ein wichtiger Geschäftspartner, der keine
Panzer mehr verspricht, wohl aber alternative Energietechnologien,
moderne Mobilitätskonzepte und ein wenig Demokratie. Das hat eine
neue Qualität.

Wenn Gabriel dem neuen König Salman bin Saud sagt, dass die
Unterdrückung von Frauen und religiösen Minderheiten die Geschäfte in
Zukunft erheblich erschweren könnten, dann ist das Teil einer neuen
deutschen Außenpolitik: Deutschland mischt sich ein, es steht nicht
mehr abseits und schaut weg, wie so oft in der Vergangenheit.

Zu lange waren die Saudis es gewohnt, dass ihnen unangenehme
Gespräche erspart blieben, um die Geschäfte nicht zu gefährden. Wenn
das vorbei ist, ist es gut. Heute mag es neben den Geschäften auch um
den inhaftierten Blogger gehen, das nächste Mal vielleicht um die
aggressive Missionierung saudischer Organisationen in Europa oder um
die saudische Unterstützung für Terroristen.

Wichtig für all das bleibt das Gespräch mit den Herrschern in
Riad, in Doha und in Abu Dhabi. Wenn deutsche Technologie und
deutsches Know-how den mächtigen Männern am Golf so wichtig sind,
werden sie zuhören.

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