Schwäbische Zeitung: Nur ein leichtes Zündeln – Leitartikel

Was auch immer Thomas de Maizière heute dem
Parlamentarischen Kontrollgremium in Berlin erklärt, es wird nicht
weiterhelfen. Der frühere Kanzleramtschef kann die Arbeit der
Geheimdienste und sein Wissen darüber nur bedingt offenlegen. Und die
Amerikaner werden nicht im Traum daran denken, die sogenannte
Selektorenliste, mit deren Hilfe sie auch Unternehmen ausgeforscht
haben sollen, freizugeben.

Für die Opposition ist der Fall einfach: Entweder man wusste im
Kanzleramt nichts vom Treiben des BND, dann ist dies ein Skandal.
Oder aber man hat davon gewusst und nicht gehandelt, dann wird es
auch nicht besser. So sehen es Linke und Grüne. Und ein bisschen auch
die SPD, die aus der Affäre Honig saugen will.

Ein wenig hinterhältig zeigt sich Vizekanzler Sigmar Gabriel. Er
nimmt die Kanzlerin öffentlich beim Wort mit seiner angeblich
treuherzigen Versicherung, er glaube ihr, dass sie nichts von
Wirtschaftsspionage wusste. Es zeigt, dass er die NSA-Affäre so nah
wie möglich ans Kanzleramt heran bringen möchte. Doch es ist ein
leichtes Zündeln, keine Brandstiftung. Die SPD wird in den
Ausschüssen keine Beweisanträge der Linken und Grünen stützen. Denn
sie selbst muss allzu viel Aufklärung fürchten. Schließlich reichen
die NSA-Aktivitäten auch noch in die Zeit eines Kanzleramtsministers
Frank-Walter Steinmeier zurück.

Die SPD ist nervös, weil sie weiter im Umfragetief hockt. Sie
erntet für ihre Projekte keinen Dank der Wähler und gerät an die
Grenzen ihrer Leidensfähigkeit. Doch mit einer allzu frühen
Kampfansage an den Koalitionspartner verärgert man Wähler. Noch vor
dem Erreichen der Mitte der Legislaturperiode kann man nicht die
Arbeit einstellen und auf Wahlkampf umschalten.

Hinzu kommt: Es scheint zwar, dass die amerikanischen
Geheimdienste in Deutschland mitunter selbstherrlich den Ton
angegeben haben. Doch es steht auch fest, dass nur durch eine gute
Zusammenarbeit geplante Anschläge – wie etwa jene der Sauerlandgruppe
– verhindert werden konnten.

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