Die kommende Woche dürfte innenpolitisch
interessant, wenn nicht gar spannend werden. Was geschieht mit
Claudia Roth?
Die Grünen-Vorsitzende hat sich mächtig verzockt. Sie wollte vor
Monaten die Dominanz von Jürgen Trittin als alleinigem Zampano der
Grünen verhindern. Deshalb setzte sie im Machtkampf um die
Spitzenkandidatur bei der kommenden Bundestagswahl eine Urwahl durch.
Sie wollte die Top-Grüne 2013 werden, doch weit abgeschlagen landete
sie auf Platz vier. Je nach Gusto nennt man das politisches Erdbeben,
Erdrutsch oder Desaster. Dass bei dieser basisdemokratischen
Kandidatenkür niemand politisch beschädigt worden sei und lediglich
die Basis weise entschieden habe, ist rhetorischer Blödsinn.
Roth galt immer als Frau der Kreis- und Ortsverbände, mit den
besten Kontakten und Sensoren dorthin. Manchmal ist die Realität eben
doch brutaler als die erhofften Ergebnisse einer Strategie, die auf
den ersten Blick Erfolg verspricht. Roth steht jetzt unter Druck, ob
sie als Vorsitzende weitermachen will oder nicht. Das Amt einer
Bundesvorsitzenden ist kein Trostpflaster für gescheiterte
Politikerinnen. Wenn nun das Partei-Establishment alles Mögliche
unternimmt, um Roth zu halten, dann sei der Einwurf gestattet: Warum
fragt Ihr die Basis, um sie dann doch wieder zu ignorieren? Denn die
Entscheidung der Grünen-Mitglieder um die Spitzenkandidatur ist
tatsächlich klug. Der künftige Wahlkampf wird vom Duell
Merkel-Steinbrück dominiert werden. Die kleineren Parteien werden es
schwer haben, überhaupt Gehör zu finden. Da braucht es einen
Politprofi wie Trittin, der bei Freund und Gegner polarisiert und
rhetorisch weder die Kanzlerin noch deren Herausforderer fürchten
muss.
Katrin Göring-Eckardt wiederum repräsentiert die gewisse neue
Bürgerlichkeit bei der Ökopartei, die sie auch für Anhänger anderer
Strömungen wählbar macht. Renate Künast dürfte nach ihrer jüngsten
Niederlage kaum mehr eine Rolle spielen. Konsequent weitergedacht
müsste das auch für Claudia Roth gelten.
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