Schwäbische Zeitung: Rücktritt war unvermeidlich – Leitartikel

Der Entschluss Willi Stächeles, vom Amt des
baden-württembergischen Landtagspräsidenten zurückzutreten, ist
richtig – und im Hinblick auf die demokratische Kultur notwendig. Der
Vorsitzende des Parlaments hat die Rechte des Gremiums zu schützen,
und er ist nicht mehr tragbar, wenn er vorher genau diese Rechte
missachtet hat.

Seit Donnerstag ist klar: Stächele hat die Verfassung des Landes
Baden-Württemberg gebrochen, als er mit seiner Unterschrift den
umstrittenen Rückkauf der EnBW-Aktien durch den ehemaligen
Ministerpräsidenten Stefan Mappus ermöglicht hat. Das hat der
Staatsgerichtshof in seinem Urteil unmissverständlich klargestellt.
Mit der Zustimmung hat er im Haushaltsrecht das Königsrecht des
Parlaments und ein „Kernelement der Gewaltenteilung“ verletzt.

Die Forderung nach dem Rücktritt Stächeles war zu erwarten – und
sie ist berechtigt: Zwar stellt die stärkste Fraktion im Parlament
den Präsidenten, dieser muss sein Amt aber überparteilich ausüben.
Denn die Demokratie als Wahl zwischen Alternativen funktioniert nur,
wenn die Fraktionen die Regeln einhalten – und den Präsidenten als
fairen Schiedsrichter in Streitfällen akzeptieren. Das ist mit dem
Urteil unmöglich geworden: Die Parlamentarier, denen der
Finanzminister Stächele mit seiner Billigung des Geschäfts ihr
Vetorecht unrechtmäßig aus der Hand geschlagen hat, konnten dem
Landtagspräsidenten Stächele jetzt nicht mehr vertrauen.

Dabei ist es gleich, ob Stächeles ehemaliger Chef Mappus ihn bei
dem EnBW-Geschäft unter Druck gesetzt hat, als er ihm in einer
Nacht-und-Nebel-Aktion am Abend des 5. Dezember die Unterschrift
abnötigte. Stächele hätte der Landesverfassung gehorchen und Mappus
darauf hinweisen müssen, dass ein solches Geschäft der Beteiligung
des Parlaments bedarf. Der Rücktritt nun ist konsequent – und mit ihm
gibt Stächele den Druck an Mappus weiter: den Druck, sich dazu zu
äußern, warum er einen Minister seines Kabinetts zum Verfassungsbruch
nötigte.

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