Schwäbische Zeitung: Schlaflos im Exportwettstreit – Leitartikel

Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht das
Bauernhausmuseum in Wolfegg. Deutschland ist keine Museumslandschaft
für Ingenieurskunst, neue und alte Technologien, Pioniergeist oder
wagemutiges Unternehmertum. Deutschland lebt von Hightech und liefert
24 Stunden am Tag Top-Produkte in die Welt. Das Land ist eine
wirtschaftliche Weltmacht und braucht pausenlosen, modernen Anschluss
an die Weltmärkte. Für die Erhaltung oder gar Mehrung unseres
Wohlstandes ist eine zeitgemäße Verkehrsstruktur ein Muss und nicht
ein Kann.

Und dennoch hat das Bundesverwaltungsgericht recht, die
nächtlichen Frachtflüge in Frankfurt zu stoppen. Mögen die Lobbyisten
der Luftverkehrswirtschaft das Ende der deutschen Exporte
prophezeien: Wir haben mit Köln/Bonn und Leipzig zwei
kapazitätsstarke Drehkreuze für den nächtlichen Luftfrachtverkehr.
Hier ist eben gutes Management gefordert, denn de facto ist die Masse
der deutschen Güter sehr überschaubar, die über den Frankfurter
Luftraum in tiefster Nacht in die Welt exportiert wird. Das Urteil
macht fernab aller juristischen Feinheiten klar, dass
Bevölkerungs-Täuschung kein Mittel der Politik ist. Hessens
Landesregierung hat offiziell die Forderung nach einem
Nachtflugverbot unterstützt, diese Position mit jedem weiteren
Ausbauschritt des Frankfurter Flughafens aber verwässert.

Der Industriestaat Deutschland steht vor gewaltigen
Herausforderungen, wie etwa der Umsetzung der Energiewende. Mit einer
Kommunikationsstrategie wie der in Frankfurt wird die Wende
scheitern. Denn zum Nulltarif wird es diese Neuausrichtung der
Politik nicht geben und Stromtrassen, Windkraftanlagen oder auch
andere Projekte werden die Lebensqualität mancher Anwohner stören. Es
wird in diesem Zusammenhang auch im Südwesten der Republik regelmäßig
zu Streitigkeiten und Protesten kommen. Das ist ernst zu nehmen. Aber
auch wenn es abgegriffen klingt: Gemeinwohl geht vor Einzelinteresse.

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