Schwäbische Zeitung: Schulen unter Druck – Leitartikel

Immerhin 120 Anträge für die Umstellung auf eine
Gemeinschaftsschule signalisieren großes Interesse in
Baden-Württemberg für die neue Schulform. Und womöglich auch große
Begeisterung für die moderne Pädagogik. Sicherlich werden unter
diesen Bewerbungen auch Schulen sein, die einen individualisierten
Unterricht erproben wollen und bereits über mehr als 40 Schüler pro
Jahrgang verfügen. Doch es sind auch viele Haupt- und Werkrealschulen
darunter, die so schlichtweg versuchen, ihren Standort zu retten. Sie
erhoffen sich durch die neue Bezeichnung „Gemeinschaftsschule“ mehr
Schüler und eine bessere Ausstattung mit Lehrern durch das
Ministerium.

Jede vierte Haupt- und Werkrealschule im Land konnte in diesem
Schuljahr keine eigenständige fünfte Klasse mehr bilden. Grün-Rot hat
mit dem Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung den Trend noch
einmal beschleunigt. Mit einem regionalen Schulentwicklungsplan will
die Landesregierung dem Problem nun begegnen: Grün-Rot will
Schulgrößen vorgeben, vor Ort sollen die Kommunen und Landkreise
entscheiden, welche Schulangebote bestehen bleiben. Schulschließungen
inklusive. Doch dieser Plan soll erst zum Schuljahr 2014/2015
vorliegen. Viel zu spät, angesichts der aktuellen Entwicklung der
Schülerzahlen.

Die grün-rote Regierung hat sich mit der frühen Einführung der
Gemeinschaftsschule selbst unter Druck gesetzt. Schnell, schnell
sollte das Prestigeprojekt auf den Weg gebracht werden. So wurden im
ersten Anlauf auch mindestens acht von 42 Schulen genehmigt, die
eigentlich nach den Vorgaben zu klein sind. Grundsätzlich hätte die
Landesregierung erst einen regionalen Schulentwicklungsplan auf die
Beine stellen müssen und dann die neue Schulart einführen sowie
danach die Grundschulempfehlung neu regeln. Stattdessen setzt sie die
Schulen und die Kommunen durch ihr übereiltes Handeln unnötig unter
Zugzwang. Damit gefährdet die Landesregierung selbst einen
erfolgreichen Umbau des Bildungssystems im Land.

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