Schwäbische Zeitung: Sprachlose Autokonzerne – Leitartikel zu Autokonzernen

Rekordumsatz, Bestmarken beim Konzernergebnis –
und vor allem eines: Daimler ist mit seiner Marke Mercedes wieder der
weltweit größte Hersteller von Fahrzeugen im Premiumsegment. Dazu ein
blendender Jahresstart, Daimler-Chef Dieter Zetsche hätte allen
Grund, selbstbewusst und zuversichtlich in die Zukunft zu blicken.
Doch die Jahresprognose spricht eine andere Sprache: Allenfalls
„leicht“ wollen die Stuttgarter ihr Ergebnis 2017 steigern.

Natürlich sind da enorme Investitionen in autonomes Fahren und
E-Mobilität und die Probleme der Lastwagensparte. Doch der wahre
Grund ist ein anderer: Die Wirtschaft hasst nichts so sehr wie die
Unsicherheit – und im Vergleich zu den vergangenen Jahren war die
Welt mit Brexit und einem US-Präsidenten, der den Freihandel in Frage
stellt, selten so unvorhersehbar wie in diesen Tagen.

Daimler, und mit den Stuttgartern die gesamte deutsche
Automobilindustrie, scheint in Schockstarre gefallen zu sein. Sie
nimmt die Angriffe Donald Trumps ohne Gegenwehr hin, während die
Chefs von Ford, GM und Fiat-Chrysler nur drei Tage nach dem
Amtsantritt im Weißen Haus vorgesprochen haben. Auch Daimler, BMW und
VW müssen das Gespräch mit dem Präsidenten suchen. Zu wichtig ist der
amerikanische Markt für die deutschen Autobauer.

Dabei kommen Zetsche, BMW-Chef Krüger und VW-Vorstandsvorsitzender
Müller nicht als Bittsteller. Sie kommen als Vertreter von
Unternehmen, die in den USA wichtige Arbeitgeber und bedeutende
Steuerzahler sind. Es geht nicht darum, sich anzubiedern, sondern
darum, sachlich und selbstbewusst darauf hinzuweisen, dass eine
Abschottung nicht zuletzt auch den USA selbst schaden würde. Nur
derjenige hat eine Chance, eine Wertedebatte zu führen, der auch mit
seinem Kontrahenten spricht.

Siemens-Chef Joe Kaeser hat das erkannt. Er hat Stellung bezogen
und die USA an ihre Tradition als Wiege der Freiheit und des
Freihandels erinnert. Seine Taktik ist erfolgsversprechender als die
der deutschen Autokonzerne.

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