Streiks sind in Tarifkonflikten ein legitimes
Mittel für Arbeitnehmer, um Druck auf Arbeitgeber auszuüben. Das
Streikrecht leitet sich aus der im Grundgesetz verankerten
Koalitionsfreiheit ab, es steht mithin nicht zur Disposition.
Ausstände darf es allerdings nur im Rahmen tariflicher
Auseinandersetzungen und nur nach einem Aufruf durch eine
Gewerkschaft geben, nicht aber, um etwa politische Organe zu einem
bestimmten Verhalten zu zwingen. Auch „wilde Streiks“ einzelner
Belegschaften auf eigene Faust sind verboten. Diese aufs Ökonomische
beschränkte Sichtweise von Streiks hat sich in der Bundesrepublik
bewährt.
Was die Mitarbeiter in den Kindertagesstätten ab Freitag zu tun
gedenken, ist eben genau dies: Ein Streik, der die Verbesserung der
Arbeitsumstände, vor allem eine Erhöhung mickriger Gehälter in diesem
Beruf, zum Ziel hat. Auch wenn die Erzieher mit einem unbefristeten
Ausstand ordentlich zulangen, so lief dieser Tarifkonflikt dennoch
nach dem klassischen Muster ab. Es gab zunächst zeitlich und örtlich
befristete Warnstreiks, und weil sich dann noch immer nichts bewegt
hat, holt die Gewerkschaft Verdi jetzt die Keule raus. Das kann man
überzogen finden, es ist aber ganz im Sinne des deutschen
Streikrechts.
Auch wenn nun Eltern von kleinen Kindern die Leidtragenden sind:
Ein Streik, das liegt in der Natur der Sache, trifft immer auch
Dritte. Das Verständnis für die streikenden Kita-Mitarbeiter ist
dennoch ungleich größer als für die seit Montag im Ausstand
befindlichen Lokführer. Denn hier gilt der Streik nicht primär der
Verbesserung des Gehalts oder der Arbeitszeit – sonst hätte GDL-Chef
Claus Weselsky längst springen müssen. Es geht vielmehr um den
Existenzkampf einer streikmächtigen Spartengewerkschaft, der ab
Sommer das Tarifeinheitsgesetz den Wind aus den Segeln nehmen wird.
Dass auch ein Ausstand mit einem solchen Hintergrund legal ist,
haben Arbeitsgerichte mehrfach bestätigt. Ob er im Sinne der
bewährten Streikkultur der Bundesrepublik ist, das darf allerdings
bezweifelt werden.
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