Schwäbische Zeitung: Tsipras hat es verstanden

Alexis Tsipras hat Probleme daheim. Derart groß
sind sie, dass der Ärger mit der Troika internationaler
Finanzinstitutionen schon fast nebensächlich wirken könnte. Seine
Schwierigkeiten mit geschwätzigen Ministern, die mehr reden als sie
tun, wären ja noch zu bewältigen. Ein öffentlicher Rüffel für
Finanzminister Gianis Varoufakis tat da mal ganz gut, um den
Kabinettsmitgliedern und den Gesprächspartnern in Brüssel zu zeigen,
wer in Athen den Hut aufhat.

In den nächsten Tagen könnte sich entscheiden, ob Griechenlands
Ministerpräsident den Bankrott seines Staates abzuwenden vermag.
Tsipras hat das verstanden, nur seine Anhänger nicht.

Dass er wie ein Bittsteller bei EU-Kommissionspräsident
Jean-Claude Juncker um ein eiliges Treffen nachgefragt hat, kratzt
weiter am Image des krawattenlosen Sunnyboys, der all den Hellenen
ihre Würde zurückgibt. Der Regierungschef scheint nach den
Verhandlungen mit der EU im Februar gänzlich in der Wirklichkeit
angekommen zu sein. Und die heißt: Der Wähler mag zwar für Tsipras
gestimmt haben, aber der Wähler macht sein eigenes Ding, sehr zum
Schaden der griechischen Wirtschaft. Die Griechen holen ihr Geld von
den Banken – allein im Dezember und im Januar waren es 17 Milliarden
Euro. Sie zahlen keine Steuern mehr, in der Hoffnung, dass die Neuen
in Athen es nicht so genau nehmen werden. In einer solchen Lage wagt
es kein Grieche und schon gar kein Ausländer, sein Geld in einem Land
anzulegen, von dem niemand weiß, ob es nächstes Jahr noch zur EU
gehört, und ob irgendeine Art von Rechtssicherheit herrscht.

Doch vor der Sitzung der Euro-Gruppe am kommenden Montag droht
Tsipras weiter mit einem Ende der europäischen Idee. In Brüssel soll
über die konkreten griechischen Reformvorschläge gesprochen werden.
Er wolle mit seinem Land in der EU bleiben, sagt Tsipras, weil er
Europa doch liebe. Die Frage ist nur, ob das auch der EU reicht.

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