Schwäbische Zeitung: Und das ist schlecht so – Leitartikel zu SPD-Programm

Genau so macht man es nicht. Wer die Kanzlerin
ablösen will, der muss sein Wahlprogramm nun wirklich anders
vorstellen als die SPD.

Erstens: Warum lässt die Partei, die doch beim letzten Mal
schmerzhaft gelernt hat, dass Programm und Kandidat zusammen passen
müssen, nicht ihren Kandidaten Schulz den Leitantrag präsentieren?

Zweitens: Wenn die CDU bei den letzten Landtagswahlen so viel
Boden gut gemacht hat, wenn die SPD spätestens nach
Nordrhein-Westfalen derart in der Defensive ist, dass selbst
politische Gegner Mitleid bekommen, warum versucht sie dann nicht, in
die Offensive zu kommen? Mit einem ganz großen Aufschlag.

Drittens: Auch wenn der SPD-Vorwurf stimmt, dass die Union sehr
unkonkret bleibt, muss sie doch deshalb die Union an Langeweile nicht
übertreffen. Im Gegenteil, es wäre doch gerade ein Grund gewesen,
Martin Schulz kess und mutig sein Programm präsentieren zu lassen.
Schließlich wurde es doch als Chance verkauft, dass Schulz außerhalb
der Regierung steht, dass er angreifen kann. Diesen Vorteil hat er
nicht genutzt. Er konnte ihn nicht nutzen, denn wenn ein
Wahlprogramm, das mehr Gerechtigkeit verspricht, die beiden großen
Themen Steuer und Rente noch weitgehend ausklammert, spricht das
nicht für Professionalität, sondern für Hektik und Durcheinander.

Als die SPD vor vier Monaten Martin Schulz mit 100 Prozent der
Stimmen zum neuen Parteichef wählte, war sie wie im Rausch. Jetzt ist
sie ernüchtert und panisch. Vier Monate vor der Bundestagswahl ist
der fröhliche, optimistische Ton verloren. Stattdessen ist es wieder
da, das Bild der Programmpartei SPD, die an Spiegelstrichen feilt.
Dabei hat sie einen Kandidaten, der das Bild vielleicht doch noch
übertünchen könnte.

Aber dazu muss er so kantig und vor allem so konkret sein, wie es
für einen Angreifer nötig ist. Und das hier und heute, und nicht
scheibchenweise bis zur Wahl. Nur dann können Wähler eine Alternative
erkennen.

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