Zwar mag es unerhört sein, die Einladung des
Bundespräsidenten auszuschlagen. Doch viel unerhörter ist das, was
die Angehörigen der NSU-Mordopfer in den vergangenen Jahren erleben
mussten. Sie wurden von Staats wegen verdächtigt, gedemütigt und in
die Nähe der Mafia gestellt – weil sie Migranten sind. Dass manche
sich noch immer schwer tun, die Einladung des höchsten Repräsentanten
dieses Staates ohne anwaltlichen Beistand anzunehmen, ist da
verständlich.
Schwierig ist die Frage nach den Konsequenzen, die nun auch Gauck
stellen will. Die Liste haarsträubender Ermittlungsfehler wächst fast
täglich, und selbst Wohlmeinenden fällt es schwer, an so viele
Zufälle glauben. Gauck hat gestern gesagt, was man erwarten konnte.
Er hat aber dem Thema Integration – anders als sein Vorgänger Wulff –
auch gestern keine eigene Note gegeben.
Die Angehörigen der Opfer erleben einen Staat, der sich
entschuldigt. Das ist gut. Sie erleben aber auch Staatsorgane, die
sich bei der Aufklärung weiterhin winden, die vertuschen und
verdecken. Das ist unerhört.
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