Erst eine schockierende Videoaufnahme von der
Erschießung eines Schwarzen bei einer Polizeikontrolle, dann blutige
Bilder der Erschießung von fünf Polizisten bei einer Demonstration –
den USA wurde innerhalb von 48Stunden auf brutal eindrückliche Weise
vor Augen geführt, wie gespalten sie sind.
Das Land hat ein Rassismus-Problem. Viele Afroamerikaner fühlen
sich abgehängt, die Zahl der Arbeitslosen ist unter ihnen mehr als
doppelt so hoch wie unter Weißen. An den großen Universitäten des
Landes geht die Zahl der schwarzen Studenten seit Jahren zurück. 40
Millionen Afroamerikaner unter den 320Millionen US-Bürgern erleben
Diskriminierung, auch an Tagen ohne mediale Aufmerksamkeit.
Dazu kommt: Das Land hat ein Problem mit Polizei- und
Waffengewalt. Die Bürgerrechtsaktivisten, die Gewalt gegen Schwarze
anprangern, skandieren „Black Lives Matter“, (Schwarze Leben zählen)
diejenigen, die die Gesetzeshüter im Recht sehen, rufen „Blue Lives
Matter“ (Polizistenleben zählen). Beide Seiten lassen ihren Worten
Taten folgen. Die Amerikaner hätten solche Tragödien viel zu oft
gesehen, kommentierte ein emotionaler, da persönlich von Rassismus
betroffener US-Präsident die Ereignisse. Der Wandel dauere zu lange,
sagte er. Ein Satz, der zeigt, dass die USA auch ein politisches
Problem haben. Das Land steht vor einer Wahl, die Gesellschaft ist
gespalten, viele Bürger verunsichert – gerade wegen des Wahlkampfes.
Obama wirkt aufgrund seiner Biografie authentisch, wenn er
Rassismus geißelt. Ihm gelang es, die Ausschreitungen in Ferguson vor
zwei Jahren zu beruhigen. Hillary Clinton hingegen ist eine weiße
Wohlhabende, die außenpolitisch punkten will. Und Donald Trump sorgt
mit populistischen Sprüchen gegen Minderheiten für Aufmerksamkeit.
Dass sich die Gewaltspirale weiter dreht, scheint ihm in die Hände zu
spielen. „Every Life Matters“ – jedes Leben zählt – das sollten die
Kandidaten zu ihrer Parole machen. Politische Worte als erster
Schritt hin zu gesellschaftlichen Taten.
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