Der französische Präsident Hollande gilt als
kluger Mann. Der Sozialist hat die Eliteschule ENA besucht, und er
weiß ganz genau, dass die Wirtschaft seines Landes nicht mehr
wettbewerbsfähig ist. Die Löhne sind zu hoch, die Wochenarbeitszeit
ist zu niedrig. Die Franzosen streiken zu oft und gehen zu früh in
Rente. Doch Hollande fehlt die Kraft, dem Land eine Agenda 2010 nach
dem Vorbild Gerhard Schröders zu verordnen. Seine Landsleute würden
jede radikale Reform mit einem Generalstreik beantworten.
Frankreich ist eine Tabugesellschaft, die sich dem Traum eines
staatlich organisierten Wohlfahrtsstaates verschrieben hat. Die
35-Stunden-Woche ist eine heilige Kuh. Die meisten Franzosen sind
zutiefst antikapitalistisch eingestellt und stellen Unternehmertum
unter Generalverdacht. Wenn es ein Problem gibt, rufen sie reflexhaft
nach dem Staat. Baut ein Unternehmen Arbeitsplätze ab, soll der
Industrieminister das eben verbieten. Diese lebensferne
Staatsgläubigkeit zeitigt bittere Folgen: Fabriken schließen,
Unternehmen kehren Frankreich den Rücken.
Hollande hat jetzt die Wahl zwischen einer harten Reform, die
unweigerlich soziale Unruhen nach sich zieht und höherer
Staatsverschuldung, die die Glaubwürdigkeit Frankreichs an den
Finanzmärkten erschüttert. Eine glimpfliche Lösung für unseren
wichtigsten Partner gibt es leider nicht.
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