Die FDP hält den Atem an. Noch nie war die Lage
der Liberalen so ernst, selten die Partei derart vom Absturz in die
Bedeutungslosigkeit bedroht.
Die Mannschaftsleistung der vergangenen beiden Jahre war
verheerend. Das Funktionsargument ist weitgehend entfallen. Die
Liberalen, über Jahrzehnte hinweg Korrektiv der deutschen Politik,
haben in einem zersplitternden Parteiensystem ihre alte Funktion
eingebüßt. Sie schwächeln zu sehr, um nach den nächsten
Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein als
dritte Kraft korrigierend eingreifen zu können. Bestenfalls können
sie in Düsseldorf in einer Ampel mitwirken.
In dieser Situation ist die Partei zusammengerückt. Doch die
Harmonie kann nur vorübergehend sein, denn die Partei muss weiter
darüber streiten, warum sie auch in Zukunft nötig ist. Christian
Lindner, der nordrhein-westfälische Spitzenkandidat, hat darauf in
Karlsruhe eine überzeugendere Antwort gegeben als Philipp Rösler.
Lindner setzt auf einen mitfühlenden Liberalismus, Rösler auf die
Ordnung der Märkte. Beide aber wollen den Eindruck erwecken, als ob
Deutschlands Mitte nach einem Linksruck der CDU verwaist sei – alle
links außer der FDP. Das ist stark übertrieben. Union und SPD haben
sich zwar etwas aufeinanderzubewegt, aber sie haben sich längst nicht
so verändert wie die FDP. Die hat ihren Spielraum als marktliberale,
freiheitsbewegte und bürgerrechtsorientierte Partei freiwillig
eingeschränkt – und ihr Profil auf Steuersenkungen und
unternehmerische Freiheit verengt.
Man kann Vertrauen in zwei Jahren verspielen, aber es
wiederzugewinnen, wird länger dauern. Es gibt bereits drei
bürgerliche Alternativen, Union, SPD und Grüne. Wozu noch FDP?
Christian Lindners Rezept, die Menschen im Alltag in Ruhe und bei
den großen Lebensrisiken nicht im Stich zu lassen, wurde bislang
umgedreht. Zu viele Menschen fühlen sich im Alltag nicht in Ruhe,
aber im Krisenfall im Stich gelassen.
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