Schwäbische Zeitung: Warten auf Fairness – Kommentar

Klar, jeder hat seine Wähler im Auge. Ältere
Mütter sind nun einmal die klassische Wähler-Klientel der CSU – und
so ist es kein Wunder und überdies auch richtig, dass Horst Seehofer
sich für eine Besserstellung von Müttern mit vor 1992 geborenen
Kindern ausspricht. Es gibt keinen sachlichen Grund, ein 1995
geborenes Kind drei mal so stark bei der Rente zu berücksichtigen wie
ein 1991 geborenes Kind.

Seehofer hat auch Recht mit diesem Hinweis: Wenn Parteitage einen
Sinn haben sollen, müssen Beschlüsse auch umgesetzt werden.
Allerdings hat der CDU-Parteitag sich nicht erst 2012, sondern
bereits 2003 für die Besserstellung ausgesprochen. Passiert ist
bisher nichts. Die Mütter warten weiter auf ein Stück Fairness.

Verdienstvoller als Seehofers Vor-Wahljahr-Vorstoß sind in dieser
Sache die CDU-Frauen, die seit Jahren nicht locker lassen. Die sich
immer und immer wieder dieses Themas annehmen. Die es gerade erneut
auf den Tisch brachten, um sich ihr Ja zum Betreuungsgeld abringen zu
lassen.

Natürlich lässt sich angesichts der Finanzlage darüber reden, ob
man das Ganze schrittweise umsetzt. Also nur für die Neuzugänge in
der Rente. Oder nur für Mütter mehrerer Kinder. Oder erst mal nur
einen weiteren Renten-Punkt. Aber dass endlich etwas geschehen muss,
steht nun wirklich außer Frage.

Etwas schäbig ist es aber von Horst Seehofer, jetzt die verdiente
Anerkennung für Mütter gegen Leistungen für Niedrigverdiener
auszuspielen – zumal es oft die gleichen trifft. 84 Prozent der
Frauen in Deutschland erhalten Renten unter 850 Euro. Und persönliche
Animositäten zwischen CSU-Chef Seehofer, der für die Mütterrente
kämpft, und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen, die sich für die
Lebensleistungsrente stark macht, dürfen hier keine Rolle spielen.
Die Koalition muss auf beiden Feldern endlich tätig werden. Und sie
sollte das Thema nicht ruhen lassen und nicht nur im Wahlkampf
thematisieren. Denn die Geduld der Frauen dürfte bald erschöpft sein.

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