Schwäbische Zeitung: Weniger geht nicht – Leitartikel

Sollte es Ursula von der Leyen nicht geben, man
müsste sie erfinden. Denn sie ist nach wie vor jene Ministerin, die
temperamentvoll in Sachen Gleichberechtigung antreibt. Nachfolgerin
Kristina Schröder macht gar keinen Druck. Im Gegenteil. Sie lädt die
Unternehmen ein, genauso weiter zu agieren wie bisher: Im
Schneckentempo. Dass sie sich überhaupt bewegen, ist nur der Angst
vor einer gesetzlichen Quote zu verdanken, mit der Frauen wie von der
Leyen drohen.

Geradezu peinlich ist es, wenn Frauenministerin Kristina Schröder
stolz darauf hinweist, dass sie ihre Wette gewonnen hätte. Kein
Unternehmen habe sich weniger als zehn Prozent Frauen in
Führungspositionen als Ziel gesetzt. Doch wie toll ist das? Diese
Wette ist doch in etwa so ehrgeizig, wie wenn Reiner Calmund wettet,
bis Jahresende zwei Kilo abzuspecken.

Man muss schon entweder sehr jung sein, die letzten zehn Jahre
freiwilliger Versprechungen der Unternehmen nicht mitbekommen haben
oder notorischer Berufsoptimist sein, um von einem Erfolg dieser
Freiwilligkeits-Strategie auszugehen. So ganz glaubt offensichtlich
noch nicht einmal Kristina Schröder daran, weil sie sonst wohl kaum
an einer Art Sanktionsregelung für jene Unternehmen, die noch nicht
einmal die eigenen Ziele erreichen, arbeiten würde.

Die gestern präsentierte Selbstverpflichtung der Unternehmen zu
mehr Frauen in Führungspositionen ist auf jeden Fall schlicht das
Papier nicht wert, auf dem sie steht. Weniger kann man kaum
präsentieren. Über Chefinnen-Sessel in Vorständen und Aufsichtsräten
soll lieber gar nicht geredet werden. Genau das wäre aber nötig,
zumal 2013 viele Aufsichtsräte neu besetzt werden. Eine Etage drunter
will man zwar gerne etwas mehr Frauen haben, aber bitte freiwillig
und ohne irgendwelche Sanktionen. Da kann man am Ende nur auf die EU
hoffen. EU-Kommissarin Viviane Reding hat bereits gedroht, dass sie
keine weiteren 50 Jahre warten will. Die meisten Frauen wohl auch
nicht.

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