Die Zahlen sind eindeutig. Während am
Montagabend in Dresden 25000 Pegida-Sympathisanten demonstrierten,
zeigten 100000 Gegendemonstranten im ganzen Land, dass sie mit den
Ansichten der unappetitlichen Bewegung nichts am Hut haben. Und am
Dienstagabend demonstrierten in Berlin immerhin einige Tausend
Menschen, viele von ihnen Muslime, für Toleranz und gegen die
Vereinnahmung des Islam durch Fundamentalisten.
Nach den Schreckensnachrichten der vergangenen Tage gibt es
mittlerweile auch positive Signale. Die Attentate von Paris
verschaffen offenbar nicht in erster Linie den Radikalen weiter
Zulauf, sondern scheinen zusehends die Vernünftigen – und die sind
bei Weitem in der Mehrheit – zu mobilisieren.
Bei den Muslimen ist die wachsweiche Formulierung, Attentate wie
in Paris hätten mit dem Islam nichts zu tun, einer zunehmend klaren
Verurteilung gewichen. Und auch die Mehrheitsgesellschaft reagiert
angenehm differenziert. Außer im stramm rechten Dunstkreis von Pegida
ist von einem Generalverdacht gegen Muslime nichts zu spüren.
Aus dieser Stimmung heraus kann sich die Gesellschaft sogar
weiterentwickeln. Einerseits: Die Muslime, die in Deutschland leben,
gehören selbstverständlich zu diesem Land. Sie sind keine armen
Mündel von Verbänden und Politik, sondern müssen als Bürger dieses
Landes ernst genommen werden, mit allen Rechten und Pflichten. Wer
hier sein Glück suchen will, soll es auch finden dürfen, egal, woher
er stammt und welcher Religion er angehört. Andererseits muss aber
auch klar sein, dass der Rechtsstaat nach Spielregeln funktioniert,
die ausnahmslos von allen einzuhalten sind.
So hat in offenen Gesellschaften niemand das Recht, nicht
kritisiert zu werden – auch in scharfer Form, etwa durch Karikaturen.
Eine Zensur findet nicht statt, die Äußerung der Meinung ist frei.
Das sind wichtige Fundamente des Zusammenlebens, ohne die eine
Gesellschaft nicht frei, sondern autoritär wäre. Eigentlich reicht
es, sich darauf zu verständigen. Alles Weitere lässt sich regeln.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 0751/2955 1500
redaktion@schwaebische-zeitung.de