Schwäbische Zeitung: Zum Schaden der EnBW – Leitartikel

An Treuebekenntnissen zum Energiekonzern EnBW
fehlt es wahrlich nicht. Zu Recht schreibt die grün-rote Stuttgarter
Landesregierung dem Unternehmen eine Schlüsselrolle bei der
Energiewende zu – und schießt deshalb viele Millionen Euro zu. Auch
die Opposition steht hinter der hohen Beteiligung durch die
öffentliche Hand. Sie ist wichtig, damit der Ausstieg aus der
Atomkraft gelingen kann. Mehr als 20 000 Beschäftigte und die
Verbraucher könnten also mit den Politikern in Stuttgart zufrieden
sein.

Leider überlagert aber ein scharfer, bisweilen bizarrer Streit die
hehren Absichten. Er könnte dem Energiekonzern im Umbruch nachhaltig
schaden. Dabei schiebt der schon genügend Probleme wie den
Rechtsstreit mit dem russischen Geschäftsmann Bykow und vor allem die
durch das Abschalten zweier Atommeiler verursachten Verluste vor sich
her. Der neue Vorstandschef Mastiaux tritt zudem erst im Herbst seine
schwere Mission an. Er nimmt derzeit wenig Ermunterndes wahr.

Prinzipiell war es richtig, dass der Landtag einen
Untersuchungsausschuss zu diesem Aktiengeschäft eingesetzt hat. Zu
viele Ungereimtheiten und Widersprüche stehen im Raum. Die Rolle des
glücklosen CDU-Regierungschefs Stefan Mappus muss geklärt werden,
auch die dubios anmutende des Bank-Managers Dirk Notheis. Es mag auch
gute Gründe für das von der Landesregierung angestrengte
Schiedsverfahren geben, um den Aktienwert nachträglich zu ermitteln.
Mit der Höhe der Rückzahlungsforderung – mehr als zwei Milliarden
Euro – geht die Regierung aber ein hohes politisches Risiko ein.
Falls nichts oder nur wenig zurückfließen sollte, käme das einer
Niederlage gleich.

Die Versuchung, das EnBW-Geschäft parteipolitisch auszunutzen, ist
groß. Und der Streit um den richtigen Weg gehört schließlich zum
guten demokratischen Ton. Aber bitte mit Augenmaß. Alle Beteiligten
wären gut beraten, wenn sie die Folgen ihres Dauerkonflikts genau
taxieren würden. Die EnBW darf nicht das Opfer sein.

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