Sportler wissen es. Ein guter Sieger zu sein
kann manchmal noch schwerer sein, als fair zu verlieren. Vor allem,
wenn man vom eigenen Sieg überwältigt ist und doch nicht ganz so
triumphieren darf, wie man es vielleicht gerne täte. Nach der
Hamburg-Wahl traten in Berlin diesmal nur gute Sieger auf.
Zunächst einmal Olaf Scholz. Der Hanseat ist jener Mann, der einst
als „Scholzomat“ verspottet wurde, dessen bedingungslose Gefolgschaft
in der Schröderschen Agenda-Politik weite Teile der Partei
verprellte. Und der jetzt mit seiner soliden Wirtschaftspolitik und
seiner Unbeirrbarkeit die SPD in Hamburg zu ungeahnten Höhen führt –
was die SPD in Verlegenheit bringt. Denn in der Sozialpolitik
verfolgt sie derzeit im Bund einen ganz anderen Kurs. Auch wenn
Sigmar Gabriel selbst eher dem Scholz-Lager zuzurechnen ist, so gilt
er doch, anders als jener, nicht als berechenbar. Könnte Olaf Scholz
die SPD besser aus ihrem Tief holen? Ihm wird noch vor Gerhard
Schröder und Wolfgang Clement die höchste Wirtschaftskompetenz
zugesprochen, die je ein SPD-Politiker hatte. Der Partei steht –
besonders nach dem Hamburger Sieg – eine Richtungsdebatte ins Haus.
Soll sie darauf setzen, die Mitte zurückzuerobern mit einem
wirtschaftsfreundlichen Kurs? Oder versuchen, ihre alten Wähler
zurückzulotsen mit der Sozialpolitik von Andrea Nahles? Sigmar
Gabriel merkt, dass auch Siegen schwer sein kann und hält sich
zurück. Doch er wird sich festlegen müssen, weit vor der nächsten
Wahl.
Zurückhaltend, aber in einem anderen Sinne, gibt sich auch
FDP-Chef Christian Lindner. Mögen andere doch sagen, er mache bisher
alles richtig, er selbst betont lieber vorsichtig, dass die FDP noch
lange nicht über den Berg ist. Er weiß, dass die Strecke bis zur
nächsten Bundestagswahl noch lang ist, doch er hat es geschafft,
seiner Mannschaft neuen Mut einzupflanzen, alte Gräben scheinen erst
einmal zugeschüttet. Das ist nicht wenig – und vor allem für seine
Parteifreunde aus dem liberalen Stammland Baden-Württemberg, die bald
eine Landtagswahl bestehen müssen, sogar sehr viel.
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