Schwäbische Zeitung: Zwei Welten – Kommentar

Ein feines Lehrstück über Eigen- und
Fremdwahrnehmung liefert der Prüfbericht des UN-Kinderschutzkomitees
zum Umgang der katholischen Kirche mit sexuellem Missbrauch an
Minderjährigen. Denn während die Amtskirche, sich an der Spitze der
Bewegung hin zu Transparenz, Aufklärung und Wiedergutmachung wähnt,
empfinden nicht nur Betroffene dass ihr Leid weiterhin vertuscht und
verschwiegen werden soll. Viele Gläubige leiden, weil sie sich „fremd
schämen“ für ihre Kirche. Und die weltweite Öffentlichkeit bringt
kein Verständnis für die Kirche undSchritte zur Aufklärung auf: zu
wenig, zu unklar, zu unehrlich. Deutlicher kann die gegenseitige
Entfremdung nicht werden.

Bei aller Kritik aber ist zu sehen, dass die Kirche fast keine
Tradition hat, wenn es um den offenen Umgang mit eigenen Fehlern
geht. Für römische Verhältnisse waren die Worte und Taten, die
Benedikt XVI. fand, sehr weitgehend. Für weltliche Ohren klangen sie
nach Ausreden, auch weil kein vorgesetzter Bischof gehen musste. Mit
Spannung erwartet nicht nur die katholische Öffentlichkeit, ob und
wie Papst Franziskus auf Missbrauchsopfer zugeht und weiter
Konsequenzen zieht.

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