(Bremen, 22. März 2012) Nach dem Insolvenzantrag des Windanlagen-Zulieferers SIAG Schaaf droht Investoren der Verlust von 50 Millionen Euro. In diesem Volumen hatte das Unternehmen Ende Juni / Anfang Juli vergangenen Jahres eine Inhaberschuldverschreibung hauptsächlich bei Privatanlegern platziert. Zuletzt (Donnerstag, 22. März 2012) wurde die Anleihe an der Frankfurter Börse in Segment „Entry Standard“ bei 3,30%/6,457 % (Geld/Brief) gestellt (ISIN DE000A1KRAS1; WKN A1KRAS).
Auf den ersten Blick schien die Unternehmensanleihe mit 9 % Nominalzins und fünf Jahren Laufzeit (Tilgung im Jahr 2016) attraktiv. „Viele Investoren haben sich von der vermeintlichen Erfolgsstory des Unternehmens blenden lassen. Dabei aber das Risiko von Bauverzögerungen, die bei der Errichtung von Windkraftanlagen mittlerweile alltäglich sind, übersehen“, sagt Jan-Henning Ahrens, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht sowie Partner der auf Anlegerschutz spezialisierten KWAG Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht in Bremen. Von Beginn an habe es erhebliche Zweifel an der Plausibilität der vom Unternehmen behaupteten Geschäftsentwicklung in den vergangenen Jahren gegeben. „Das hätte Investoren, insbesondere aber Berater bei Banken und Sparkassen, stutzig machen müssen“, fügt Ahrens hinzu.
Er hält deshalb Schadensersatzansprüche gegen die Prospektverantwortlichen und auch gegen die Gründungsgesellschafter der SIAG Schaaf Industrie AG für Erfolg versprechend. „Wir prüfen derzeit Prospekthaftungsklagen“, sagt KWAG-Partner Ahrens. Grundsätzlich gilt für Investoren: Je früher sie ihre Schadenersatzansprüche geltend machen, desto größer sind die Chancen, dass noch Geld da ist, um berechtigte Forderungen zu erfüllen.
Ansatzpunkte für Schadenersatzklagen sieht Ahrens auch auf der Vertriebsseite. Die Vermittlung der Inhaber-Schuldverschreibungen hat hauptsächlich über Geschäfts- und Onlinebanken stattgefunden. Unter dem Stichwort „Beraterhaftung“ könnten „Ansprüche der Anleger gegen die Banken aufgrund der Tätigkeit aus einem Beratungsvertrag bestehen“, erläutert Jan-Henning Ahrens. Begründung: Jeder Vermittler einer Kapitalanlage muss diese auf Plausibilität hin prüfen, bevor er das Investmentprodukt seinen Kunden anbietet. „Bei einer Plausibilitätsprüfung hätte jeder Vermittler bzw. Anlageberater erkennen müssen, dass im Prospekt nicht umfassend auf das Bauzeitrisiko hingewiesen wurde“, betont Ahrens. Nirgendwo im Prospekt sei zudem erkennbar, wie der vom Unternehmen versprochene Geschäftserfolg künftig konkret zustande kommen sollte.
Anleihen-Investoren haben nunmehr zwei Möglichkeiten, finanzielle Verluste zu begrenzen oder völlig zu vermeiden. „Als ‚echte‘ Gläubiger in der Firmeninsolvenz sollten Sie umgehend, falls noch nicht geschehen, Ihre Forderungen zur so genannten Insolvenztabelle anmelden“, rät Fachanwalt Ahrens. Die Alternative: Schadenersatzansprüche geltend machen gegen den bzw. die Vermittler der Anleihe, somit gegen die eigene Bank oder Sparkasse, weil dort das Investment nicht vorab auf Plausibilität geprüft wurde. Wichtig:
Bei Anleihen-Investments besteht eine kurze kenntnisunabhängige Verjährung von höchsten drei Jahren ab Erwerb des Schuldpapiers. Wer also die Anleihe voriges Jahr gezeichnet hat, bei dem endet die Verjährungsfrist im Jahr 2014. „Wir sehen sehr gute Chancen, dass Anleihen-Investoren mit ihren Schadenersatzklagen Erfolg haben werden. Denn offenbar waren die im Prospekt genannten Zukunftserwartungen und Aussichten des Unternehmens hauptsächlich vom Prinzip Hoffnung geprägt, weniger von nachprüfbaren Fakten“, glaubt Jan-Henning Ahrens.
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