Berlin – Die Bundesärztekammer (BÄK) lehnt den vom
Bundesministerium für Gesundheit vorgelegten Referentenentwurf für
eine Reform der Psychotherapeutenausbildung strikt ab. Der Entwurf
verfehlt völlig das Ziel einer verbesserten Ausbildung in diesem
wichtigen Versorgungsbereich. Vielmehr führt er zu einer Gefährdung
der Patientinnen und Patienten, warnt die BÄK. Menschen mit
psychischen und psychosomatischen Erkrankungen dürfen in ihrer
Behandlung nicht aus dem medizinischen Versorgungssystem
ausgegliedert werden. Die im Gesetzentwurf vorgeschlagene
Ausbildungsreform der Psychologischen Psychotherapeuten und der
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten aber würde unweigerlich zu
getrennten Versorgungsbereichen führen.
-Psychologische Psychotherapeuten und Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten mit ihren jeweils spezifischen
Kompetenzen ergänzen das therapeutische Angebot sinnvoll, sie können
aber keinesfalls die ganzheitliche ärztliche Expertise in Diagnose
und Therapie ersetzen. Denn psychische Erkrankungen gehen häufig mit
behandlungsbedürftigen somatischen Erkrankungen einher. Oft bedingen
sich beide wechselseitig und verstärken sich sogar. Aber anstatt auf
eine ganzheitliche Betrachtung und Behandlung komplexer
Krankheitsbilder hinzuwirken, bedroht die vorgesehene Reform eine
individuelle, somatische wie psychische Aspekte integrierende
Versorgung der Patientinnen und Patienten. Diese Reform führt damit
zu einer Verschlechterung der Patientenversorgung.
-Aus gutem Grund ist die Verordnung von Arzneimitteln allein
Ärztinnen und Ärzten vorbehalten. Die Mehrheit der Psychologischen
Psychotherapeuten und Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten
anerkennt diese originäre ärztliche Kompetenz und lehnt deshalb eine
Aufgabenübernahme in diesem Bereich der Pharmakotherapie ab. Denn
eine sichere und schonende Anwendung von Psychopharmaka ist nur auf
der Grundlage eines Medizinstudiums möglich. Im Reformentwurf ist
jedoch ein Modellversuchsstudiengang vorgesehen, in dem Nicht-Ärzten
Kompetenzen zur Feststellung, Verordnung und Überprüfung
psychopharmakologischer Maßnahmen vermittelt werden sollen. Das
gefährdet die Sicherheit der Patientinnen und Patienten, die auf
Grund ihrer Erkrankung unter Umständen besonders zu schützen sind, in
ganz erheblichem Maße.
-Die vorgesehene Reduktion der Berufsbezeichnung der
Psychologischen Psychotherapeuten sowie der Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten auf „Psychotherapeut“ ist eine
Mogelpackung. Dadurch werden Patienten in die Irre geführt. Man kann
nicht einen Behandlungsansatz zu einem Beruf erheben und darüber
hinwegtäuschen, dass auch und gerade Ärztinnen und Ärzte mit
Facharztstatus nach sechsjähriger Ausbildung und mindestens
fünfjähriger Weiterbildung als hochqualifizierte Psychotherapeuten
tätig sind. Mit der Mogelpackung „Psychotherapeut“ für eine deutlich
weniger umfangreiche Aus- und Weiterbildung wird Patienten
vorgegaukelt, sie erhielten auf Basis höherer Qualifikation
psychotherapeutische Verfahren. Das ist politisch, vor allem aber
medizinisch nicht zu verantworten. Im Interesse des Patientenschutzes
müssen die jeweilige fachliche Expertise sowie deren Grenzen klar
erkennbar bleiben.
Die Bundesärztekammer fordert das Bundesgesundheitsministerium
auf, den vorgelegten Referentenentwurf umfassend zu überarbeiten und
dabei die bereits vorliegenden, die ursprünglichen Reformziele
unterstützenden, Vorschläge der Bundesärztekammer zu berücksichtigen.
Gemeinsames Ziel von Politik und allen beteiligten Professionen muss
es bleiben, die seit vielen Jahren bewährte multidisziplinäre
Zusammenarbeit in der psychotherapeutischen Versorgung zu stärken und
im Interesse einer qualitätsgesicherten, evidenzbasierten
Psychotherapie weiter zu entwickeln. Dafür setzt sich die gesamte
verfasste Ärzteschaft ein.
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