Städte-Boom und Baustau: Entwicklungen auf dem deutschen Wohnungsmarkt 2008 – 2018

– Großstädte wachsen überproportional durch Zuzug vor allem junger
Menschen
– Weniger Wohnfläche pro Person in den Metropolen
– Baustau: 2018 mehr als doppelt so viele genehmigte, aber nicht
fertiggestellte Wohnungen wie zehn Jahre zuvor
– Wohnungsbau Motor für Baukonjunktur, deutlicher Preisanstieg im Bau
und für die Instandhaltung von Wohngebäuden

Die wachsende Bevölkerung vor allem in den Großstädten hat in den vergangenen
Jahren den Druck auf den deutschen Wohnungsmarkt erhöht: 2018 lebten in
Deutschland 2,5 Millionen Menschen mehr als noch 2012 (+3,1 %). Die Großstädte
verzeichneten besonders hohe Zuwächse, allen voran Leipzig (+12,9 %), Frankfurt
am Main (+9,5 %) und Berlin (+8 %). Neben dem Geburtenüberschuss ist vor allem
der Zuzug aus dem Ausland für die Bevölkerungszunahme in den Städten ab 100 000
Einwohnerinnen und Einwohnern verantwortlich. Das ist ein zentrales Ergebnis der
Pressekonferenz „Städte-Boom und Baustau: Entwicklungen auf dem deutschen
Wohnungsmarkt 2008 – 2018″ der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder am
4. Dezember 2019 in Berlin.

Junge Menschen ziehen in die Stadt, ältere hinaus

„Junge Menschen im Alter von 20 bis 40 Jahren zieht es in die Metropolen. In den
Jahren 2013 bis 2018 zogen im Saldo 1,2 Millionen Menschen in die kreisfreien
Großstädte. Bei den Menschen ab 40 Jahren sieht die Entwicklung anders aus:
Unter dem Strich zogen im Saldo 120 000 Menschen dieser Altersgruppe aus den
Großstädten weg“, sagte Dr. Georg Thiel, Präsident des Statistischen
Bundesamtes, bei der Pressekonferenz. „Insgesamt betrachtet hat sich damit der
Bedarf an Wohnraum besonders in den Städten deutlich erhöht“, so Thiel weiter.

In den Städten wird es enger

Der Mangel an Wohnraum führt dazu, dass Menschen in den sieben größten Städten
Deutschlands – das sind Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main,
Stuttgart und Düsseldorf – näher zusammenrücken. Die durchschnittliche
Wohnfläche pro Person nahm hier nach Ergebnissen des Mikrozensus zwischen 2010
und 2018 um 1,7 auf 39,2 Quadratmeter ab. Der knapper werdende Wohnraum wird
zunehmend geteilt: Lebte 2010 in diesen Metropolen noch in mehr als jeder
zweiten Wohnung (51 %) eine Person, war dies acht Jahre später nur noch bei 45 %
der Wohnungen der Fall. Der Anteil der von zwei Personen bewohnten Wohnungen
stieg in dieser Zeit von 30 % auf 32 % und der von drei und mehr Personen
bewohnten Wohnungen von 19 % auf 22 %.

Als mögliche Folge daraus gewinnen in den sieben größten Städten Wohnungen in
Mehrfamilienhäusern mit zehn und mehr Wohnungen an Bedeutung: Ihr Anteil bei den
Eigentümerwohnungen im „Neubau“ ab 2011 stieg um 15 Prozentpunkte auf 39 %, bei
Mieterwohnungen auf 72 % (+14 Prozentpunkte).

Diese Verknappung des Wohnraums bleibt ein Phänomen der Städte. Die
durchschnittliche Wohnfläche pro Person in Deutschland blieb zwischen 2010 und
2018 bundesweit konstant bei etwas mehr als 45 Quadratmetern.

Steigende Nachfrage führt zum Baustau

Immobilienunternehmen, Politik und Bauverwaltungen versuchen der gestiegenen
Nachfrage nach Wohnraum Rechnung zu tragen. Das lässt sich an den jährlich
erteilten Baugenehmigungen ablesen. Diese haben sich seit 2009 von etwa 178 000
auf fast 347 000 im Jahr 2018 nahezu verdoppelt. Der Höchstwert von mehr als 375
000 erteilten Baugenehmigungen wurde bereits im Jahr 2015 erreicht. Seitdem ist
diese Zahl leicht rückläufig.

Für den bestehenden Wohnungsmangel entscheidender ist jedoch die Situation des
Bauüberhangs – also der Wohnungen, deren Bau zwar genehmigt ist, deren
Fertigstellung aber noch auf sich warten lässt. Zwischen 2008 und 2018 hat sich
der Bauüberhang bundesweit von rund 320 000 auf 693 000 genehmigte und noch
nicht fertiggestellte Wohnungen mehr als verdoppelt.

Die beschriebenen Tendenzen beim Bauüberhang spiegeln sich auch in der
Entwicklung des Auftragsbestands der Betriebe im Bauhauptgewerbe wider. Der
Auftragsbestand umfasst die eingegangenen, aber noch nicht vollständig
ausgeführten Aufträge. Der Auftragsbestand im Wohnungsbau stieg seit 2015
kontinuierlich und erreichte 2018 den höchsten Stand seit 1997: So warten
aktuell Aufträge im Wert von rund 9,1 Milliarden Euro auf ihre Ausführung.

Baustelle Personal

Den Bauunternehmen fehlt das Personal zur zügigen Realisierung der Bauaufträge.
Während die Anzahl der Beschäftigten im Wohnungsbau von 2008 bis 2018 um
lediglich 25 % stieg, haben sich die Auftragsbestände in diesem Zeitraum nahezu
verdreifacht. Ende 2018 waren in den Betrieben des Bauhauptgewerbes 467 000
Menschen (Betriebe mit 20 und mehr tätigen Personen) beschäftigt. Das waren
deutlich weniger als noch in den späten 1990er Jahren, als die
Beschäftigtenzahlen mit mehr als 700 000 tätigen Menschen Rekordstände
erreichten.

Wohnungsbau Motor für die Baukonjunktur, deutlicher Preisanstieg im Bau und für
die Instandhaltung von Wohngebäuden

Der Wohnungsbau war in den vergangenen Jahren somit Motor und Stütze der
Baukonjunktur. Seit 2008 haben sich die nicht preisbereinigten Umsätze von
Baubetrieben mit 20 und mehr Beschäftigten von 8,6 Milliarden Euro auf 20,3
Milliarden Euro im Jahr 2018 mehr als verdoppelt.

Im gleichen Zeitraum haben sich auch die Preise für Leistungen von
Bauunternehmen für den Neubau von Wohngebäuden um 24,3 % erhöht. Dabei stiegen
die Preise für den Rohbau von Wohngebäuden mit 22,8 % etwas moderater als die
Preise für die Ausbauarbeiten (+25,7 %). Beim Ausbau erhöhten sich die Preise im
Sanitärbereich (+36,6 %), im Heizungsbau (+33,6 %) und für die
Elektroinstallation in Wohngebäuden (+34,4 %) besonders kräftig.

Aus Sicht der Privathaushalte verteuerte sich von allen Ausgabebereichen rund um
das Wohnen die Instandhaltung und Reparatur der Wohnung oder des Wohnhauses
besonders stark. Für Erzeugnisse und Dienstleistungen zur Instandhaltung und
Reparatur von Wohnungen und Wohngebäuden zahlten sie im Jahr 2018 rund 26 % mehr
als im Jahr 2008. Zum Vergleich: Der Verbraucherpreisindex insgesamt stieg von
2008 bis 2018 nur um knapp 13 %.

Die vollständige Pressemitteilung sowie weitere Informationen und Funktionen
sind im Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes unter
http://www.destatis.de zu finden.

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