(DGAP-Media / 23.11.2012 / 10:59)
Presseinformation
Berlin, den 23. November 2012
Stiftung Familienunternehmenüber Reformbereitschaft in Deutschland –
Studie beschreibt den Weg zu einer –Agenda 2030–
–Deutschland braucht für die kommenden Jahre ein neues Reformprogramm. Auch
der Wähler zeigt auf vielen Feldern Ansätze der Veränderungsbereitschaft–,
sagte der Vorstand der Stiftung Familienunternehmen, Prof. Dr. Dr. h.c.
Brun-Hagen Hennerkes, in Berlin. Unter dem Titel –Agenda 2030– hat das
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW) im Auftrag
der Stiftung Familienunternehmen untersucht, wie die Bevölkerung zu
Reformen steht und wie sie für ein solches Vorhaben gewonnen werden könnte.
–Die Studie liefert damit die Basis für ein künftiges Regierungsprogramm–,
führte Prof. Hennerkes weiter aus.
Die Vorstellung, die deutsche Wirtschaft sei unverwundbar, prägt die
politische Diskussion zu Beginn des Bundestagswahlkampfes für 2013. Diese
Wahrnehmung ist in mehrfacher Hinsicht problematisch.
Denn erstens besteht trotz der Reformschritte der zurückliegenden Jahre
nach wie vor auf vielen Gebieten ein weitergehender Veränderungsbedarf.
Trends wie die Alterung der Gesellschaft und die Machtverschiebung der
globalen Wirtschaftsräume schreiten unaufhaltsam voran und erfordern
Anpassungen. –Der erfolgreichen ,Agenda 2010– sollte daher baldmöglichst
eine ,Agenda 2030– folgen mit vielfältigen Reformen etwa in den Bereichen
Gesundheit,öffentliche Finanzen, Infrastruktur, Bildung und
Arbeitsmärkte–, ergänzte Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des
ZEW-Forschungsbereichs Unternehmensbesteuerung undöffentliche
Finanzwirtschaft und Projektleiter der Studie.
Zweitens verschärft die Staatsschulden- und Währungskrise in Europa diesen
Veränderungsbedarf. –Gerade weil Deutschland der Stabilitätsanker Europas
geworden ist, muss dieses Land im Hinblick auf solide Staatsfinanzen und
ein wachstumsfreundliches Steuer- und Sozialsystem eine konsequente und
beharrliche Reformpolitik betreiben. Die heute oftmals vorherrschendeüberzogeneökonomische Selbstzufriedenheit darf keine gefährliche
Reformmüdigkeit verursachen–, warnte Prof. Hennerkes.
Analyse: Einstellung der Deutschen zu Reformen
Eine bei den Deutschen weit verbreitete Einstellung erleichtert große
Veränderungen: Sie sind, wie die Studie belegt, bereit in der Gegenwart
Verzicht zuüben, um langfristige Erträge zu erzielen. Diese Haltung
erleichtert Reformen, die oft zunächst Einschränkungen in der Gegenwart
verlangen, um in der Zukunft den Wohlstand zu sichern und weiteres Wachstum
zu bringen. Auch sind die Deutschen keineswegs als grundsätzlich
technikfeindlich einzustufen. Ganz im Gegenteil sind 80 Prozent
zuversichtlich, dass technologische Innovationen das Leben erleichtern
können, im EU-Schnitt sind es nur rund 68 Prozent.
Negativ wirkt sich dagegen der starke Vertrauensverlust in den Beziehungen
zwischen Wählern und Politik aus. Gerade in der Wirtschaft finden sich aber
Akteure, denen großes Vertrauen entgegengebracht wird: So genießen
beispielsweise die Familienunternehmen nach einer Forsa-Umfrage für die
Studie bei 88 Prozent der Befragten hohes Vertrauen. Der Wert für
multinationale Konzerne liegt bei nur 15 Prozent.
Es ist entscheidend, mit welcher sachlichen und persönlichen Autorität für
eine Anpassung geworben wird. Denn die Haltung der Bevölkerung zu Reformen
ist auch von Widersprüchen gekennzeichnet. Im Gesundheitsbereich wird der
Reformbedarf anerkannt, konkrete Schlussfolgerungen wie höhere Beiträge
oder Leistungskürzungen werden aber von vielen abgelehnt. In der
Fiskalpolitik zum Beispiel ist eine deutliche Mehrheit dafür, dassöffentliche Haushalte künftig ohne neue Schulden auskommen. Eine Gruppe von
Befragten ist aber weder bereit höhere Abgaben noch Ausgabenkürzungen zu
akzeptieren.
Verbesserung der Akzeptanz von Reformen
Die Studie empfiehlt, die abstrakte Reformbereitschaft vieler Menschen zu
nutzen, um Grundentscheidungen zu treffen, die den Reformdruck dauerhaft
erhöhen. Hier sollten auch verstärkt Referenden ins Spiel kommen, die auf
der Ebene der Bundesländer rechtlich bereits leichter möglich sind als auf
Bundesebene. –Das Beispiel der hessischen Schuldenbremse zeigt, dass die
Wähler gewillt sind, sich und ihr Landesparlament freiwillig der neuen
Schuldenbremse zu unterwerfen: In Hessen erhielt 2011 die neue
Schuldengrenze in der Landesverfassung eine Zustimmung von 70 Prozent im
Referendum–, erklärte Dr. Heinemann.
Außerdem kommt der Verbesserung derökonomischen Allgemeinbildung und einer
höheren Kostentransparenz eine wichtige Rolle zu. Die deutsche Bevölkerung
nimmt bei derökonomischen Bildung im internationalen Vergleich nur
mittlere Rangplätze ein. Deutlich werden die Informationsdefizite auch im
persönlichen Bereich: So gaben nur 21 Prozent der Befragten in einer
Forsa-Umfrage für die Studie eine korrekte Bandbreite von 15 bis 16 Prozent
als Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung an.
Ein Bewusstsein fürökonomische Zusammenhänge wirkt sich direkt auf die
Einstellung aus: Die Zustimmung für Mindestlöhne wird erkennbar geringer,
wenn die Möglichkeit von Jobverlusten gerade bei Geringqualifizierten ins
Kalkül einbezogen werden. Zudem zeigen sich besser informierte Bürger
deutlich zurückhaltender, wenn es etwa um staatliche Arbeitsplatzgarantien
oder Subventionen für Industrien im Strukturwandel geht.
Kostentransparenz von Wahlkampfversprechen
Im Hinblick auf ein verbessertes Kostenbewusstsein und sachlichere
Wahlkämpfe ist laut Studie eine in den Niederlanden verfolgte Praxis
empfehlenswert. Dort analysiert das Centraal Planbureau (CPB) regelmäßig im
Wahlkampf die Programme der wichtigsten Parteien und präsentiert
Abschätzungen, wie sich die Maßnahmen auf die Budgetsituation auswirken
würden. Diese Analyse deckt auf, wenn Parteien Konzepte vorlegen, die nicht
konsistent mit den angeblich verfolgten Konsolidierungszielen sind.
Es ist auffällig, wie oft hierzulande Parteien beispielsweise auf dem
Gebiet der Steuerpolitik mit Modellen arbeiten, die auf offenkundig
unrealistischen Abschätzungen des Aufkommens bestimmter Steuern basieren.
Eine Bewertung von Programmen durch unabhängige Institutionen würde sie auf
dem Gebiet der Steuerpolitik aber auch bei den Leistungsversprechen zu mehr
Seriosität zwingen. Die Studie empfiehlt deswegen, eine parteipolitisch
neutrale Institution wie zum Beispiel die Deutsche Bundesbank oder den
Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung
(Wirtschaftsweise) mit der Analyse und Kostenabschätzung der Wahlprogramme
im Bundestagswahlkampf zu betrauen.
Ende der Pressemitteilung
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Emittent/Herausgeber: Stiftung Familienunternehmen
Schlagwort(e): Politik
23.11.2012 Veröffentlichung einer Pressemitteilung,übermittelt durch
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