Der Arbeitsmarktforscher Joachim Möller plädiert
entgegen dem Beschluss des CDU-Parteitags für eine einheitliche
Lohnuntergrenze, „die dann transparent ist und einen Standard
verkörpert, der im öffentlichen Bewusstsein verankert wird“. Eine
gewisse Differenzierung nach Ost und West sei sinnvoll. „Wenn der
Mindestlohn aber sehr stark nach Branchen und Regionen differenziert
würde, wäre dies aus meiner Sicht intransparent“, sagte der Direktor
des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB)
der „Stuttgarter Zeitung“ (Dienstagausgabe). „Ein Flickenteppich wäre
nicht hilfreich.“
Demzufolge müsse eine solche allgemeine Untergrenze „mit sehr viel
Augenmaß“ festgelegt werden. Ab einer gewissen Höhe wäre ein
Mindestlohn beschäftigungsschädlich. Die Wissenschaft könnte helfen,
zu sagen, wo dieser Spielraum ende. „Wenn man die rote Linie aber
nicht überschreitet, sehe ich beim Mindestlohn nur Vorteile“, sagte
der IAB-Chef. Dann verhindere der Mindestlohn Auswüchse nach unten
bei der Bezahlung und könne in einem gewissen Umfang sogar
Beschäftigung fördern, weil die Attraktivität von Jobs steige, offene
Stellen schneller besetzt würden sowie die Fluktuation reduziert
werde.
Die von den Gewerkschaften angestrebten 8,50 Euro pro Stunde hält
Möller als allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn „für eher zu hoch“.
„Ich würde tendenziell ein Niveau wählen wie bei der Zeitarbeit und
wäre für einen moderaten Einstieg zwischen 6,90 und 7,80 Euro“, sagte
er. „Dieses Niveau wäre ungefährlich für die Beschäftigung.“
Der Arbeitsmarktforscher empfiehlt zudem Großbritannien als
Vorbild: „Die Briten machen das sehr gut“, sagte er. Dort sei die
Lohnkommission unabhängig und funktioniere nach dem Konsensprinzip.
Beteiligt seien die Tarifpartner und die Wissenschaft plus einem
Vorsitzenden, der in der Pattsituation den Ausschlag gebe. „Die
Entscheidungen müssen einstimmig getroffen werden, und die Mitglieder
dürfen nicht einfach Sprachrohre ihrer Interessensverbände sein,
damit nicht von außen Zündstoff hineingetragen wird“, sagte Möller.
„Dann wird sich auch die ökonomische Vernunft durchsetzen.“
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