Den grausigsten Blick in den Abgrund rissen die 
Forscher mit ihrem Befund auf, die Missbrauchsquote sei gar nicht 
gesunken. Und das, obwohl spätestens seit den Skandalen in den USA 
und in Deutschland die Sensibilität gewachsen sein müsste. Die 
absoluten Missbrauchszahlen sind offenbar nur zurückgegangen, weil es
weniger Priester gibt. Damit aber wachsen die Belastungen für die 
verbleibenden. Man könnte mit strengerer Auswahl die krankhaften 
Pädophilen ausfiltern. Aber wer begleitet die Pfarrer, die für acht, 
neun Gemeinden gleichzeitig sorgen sollen, dabei an „Macht“ und Amt 
zerbrechen, vereinsamen, zu viel trinken? Mit Homosexualität offen 
umgehen, verdruckste Strukturen aufbrechen? Auch das empfehlen die 
Forscher – wobei sie sagen: Weder Zölibat als solcher noch 
Homosexualität sind schuld am Missbrauch. Verlangt wird gereifte 
Sexualität – damit nicht durchs Fenster zurückschleicht, was bei der 
Haustür hinausgeworfen wurde. Die Opfer hätten Anspruch auf 
Gerechtigkeit, sagt Kardinal Marx. Dazu würde gehören, dass nicht nur
Täter, sondern auch Vorgesetzte zur Rechenschaft gezogen werden. In 
Chile passiert das. Aber in Deutschland?
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