So ist das immer mit Abschiebungen. Fast alle
rufen „Ja“ oder nicken mit dem Kopf, wenn es ums Prinzip geht. Doch
sobald es konkret wird, stellen sich Bauchschmerzen ein. Es ist ja
auch nicht gerade ein großherziges Zeichen, wenn die Bundesrepublik
mehr als 30 afghanische Flüchtlinge in ihre Heimat zurückschickt.
Menschen, die schon Jahre in Deutschland gelebt, die Sprache erlernt
und hier gearbeitet haben. Und dass Afghanistan ein durchweg
befriedetes Land sei, in das sich zurückzukehren lohnte, kann man
auch nicht behaupten.
Doch Großherzigkeit kann nicht zur Staatsräson werden. Sonst
zerfließen die Grenzen des Rechtsstaats. Um Recht aber geht es auch
bei den nun abgeschobenen Flüchtlingen: Man darf annehmen, dass sie
alle Möglichkeiten ausgeschöpft haben, um ihren Aufenthalt zu
verlängern. Wer das vom Tisch wischt, beschädigt die Autorität des
Staates, die in der Flüchtlingspolitik ohnehin schon gelitten hat.
Und was Afghanistan betrifft: Es gibt dort sehr wohl Regionen mit
gefestigten staatlichen Strukturen. Mit dem Signal „Bleiberecht für
alle“ wäre niemandem geholfen. Afghanistan nicht, weil es ausbluten
würde. Und Deutschland auch nicht. Denn die Bereitschaft der hiesigen
Bevölkerung, die mehr als eine Million Flüchtlinge zu integrieren,
darf nicht überstrapaziert werden.
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