Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu EZB/Eurorettung/EuGH

In Anbetracht dessen, wie leidenschaftlich das
Tun von Mario Draghi gerade in Deutschland kritisiert wird, gebührt
den Klägern Dank, dass nun eine rechtliche Klärung herbeigeführt
wird. Es ist höchste Zeit dafür – gut zwei Jahre nach der
EZB-Ankündigung, zur Not in unbegrenzter Höhe Anleihen kriselnder
Euroländer aufzukaufen. Europas Richter sollten Regeln dafür
aufstellen, was eine der politischen Kontrolle enthobene Zentralbank
darf und was nicht, ohne deren Handlungsfähigkeit zu sehr
einzuschränken.

Sie sollten den Regierungen der Mitgliedstaaten zudem klarmachen,
dass die Geldpolitik nicht immer wieder für sie die Kastanien aus dem
Feuer holen kann. Mario Draghis Version der gemeinsamen
Schuldenhaftung hat zwar funktioniert und die Notwendigkeit einer
handlungsfähigen Wirtschaftsregierung für Euroland demonstriert,
zugleich ist sie aber demokratisch nicht genug legitimiert und ihr
Handeln möglicherweise vertragswidrig. Die Konsequenzen daraus sind
eigentlich klar, werden freilich tabuisiert: Im rechtlichen Status
quo ohne eine echte gemeinsame Wirtschaftspolitik kann der Euro
langfristig nicht überleben. Wer ihn wirklich retten will – was die
EU-Regierungen stets behaupten -, muss das politisch tun. Mit einer
Vertragsänderung, um die Wirtschafts- und Steuerpolitik zu
harmonisieren, oder den weiter zu Unrecht verteufelten Eurobonds, die
als Anreiz für die nötigen Reformen in den Mitgliedstaaten dienen
könnten. Das wäre die beste Garantie dafür, dass Mario Draghi nicht
das nächste juristisch heikle Programm auflegt.

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