Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu Schattenbanken/EU/G20-Gipfel

Auch wenn viele der Staats- und Regierungschefs,
die sich beim Weltwirtschaftsgipfel in St. Petersburg versammeln,
verdrängt zu haben scheinen, dass sie jeden Finanzakteur und jedes
Finanzprodukt Gesetzen unterwerfen wollten – die Brüsseler Bürokratie
tut ihren Dienst und bereitet die Bestimmungen vor. Das jüngste Kind
in der Großfamilie neuer Finanzgesetze soll nun sogenannte
Schattenbanken unter die Obhut der Aufseher holen. Wer der
Überzeugung ist, dass der Finanzkapitalismus noch reformierbar ist,
muss auch diesen Regulierungsbaustein in Europa begrüßen.

Es gibt jedoch eine frustrierende Konstante bei fast allen
Gesetzesprojekten, die seit dem Ausbruch der Krise vor mittlerweile
fünf Jahren angepackt wurden. Es geht stets in die richtige Richtung,
doch fast immer quälend langsam und in Trippelschritten, die der
Größe des Problems nicht gerecht werden. Die Frage lautet eigentlich
immer nur, in welchem Stadium die Ursprungsidee verwässert wird.
Ringen die Brüsseler Lobbyisten der EU-Kommission schon vor der
eigentlichen Gesetzesvorlage Zugeständnisse ab? Oder gelingt es erst
gegenüber den Regierungen der Mitgliedstaaten, die zusammen mit dem
Europaparlament am Ende die Vorlage verabschieden?

Diesmal scheint es den Interessenvertretern der Finanzwirtschaft
und den Regierungen aus Irland und Luxemburg bereits im Vorfeld
gelungen zu sein. Vieles deutet darauf hin, dass es auch im Fall
jener Geldmarktfonds, die von der Europäischen Zentralbank als
Systemrisiko eingeschätzt werden, nur zu komplizierten Regelungen mit
langen Übergangsfristen statt klarer Verbote kommen wird.

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