Stuttgarter Zeitung: Kommentar zu USA/Ferguson/Obama

Die schöne Utopie eines postrassischen Amerika,
in der die ganze USA rund um Barack Obamas Inauguration schwelgte,
wurde rasch von den Realitäten eingeholt. 2009 wurde der prominente
schwarze Harvard-Professor Henry Louis Gates in seinem eigenen Haus
verhaftet, weil man ihn für einen Einbrecher hielt. Obama nahm die
Haltung ein, die ihm bis heute am angenehmsten ist. Er lud den
Polizisten und den Professor zu einem gemeinsamen Bier ein und
versuchte die Gemüter zu kühlen.

In den Jahren danach bemühte sich der US-Präsident, das Thema
Rassismus in den USA so gut es ging zu umschiffen. Doch als der
farbige Jugendliche Trayvon Martin 2012 in Florida von dem Mitglied
einer privaten Bürgerwehr, George Zimmerman, erschossen wurde, kam
Obama nicht mehr umhin, Farbe zu bekennen. Der Präsident gestand zu,
dass Trayvon Martin sein Sohn hätte sein können. Und er bekannte,
dass er die Erfahrung von Afroamerikanern, die oft im banalsten
Alltag unverhohlenen Vorurteilen und Ängsten begegneten, kenne und
verstehe.

Mit der Krise in der Kleinstadt Ferguson droht das Problem der
fortgesetzten Rassendiskriminierung in den USA zu eskalieren. Die
Demonstranten sehen den Tod von Michael Brown als Tropfen, der das
Fass zum Überlaufen bringt. Das schwarze Amerika fühlt sich hilf- und
schutzlos systematischer institutioneller Gewalt ausgesetzt. Für
immer mehr schwarze Amerikaner ist die Zeit der postrassischen
Schönfärberei mit dem Tod von Michael Brown in Ferguson endgültig
vorbei.

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