Fast ein Jahrzehnt lang hat das
500-Jahr-Jubiläum des Beginns der Reformation die evangelische Kirche
motiviert und vorangetrieben. Am Reformationstag erfolgte in
Wittenberg das große Finale, die Spitze des Staates war versammelt,
um dem unbeugsamen Kirchenrebellen und Freiheitsliebhaber Luther die
Ehre zu erweisen. Ein Schulterschluss zwischen Volkskirche und Staat.
Und wie geht es weiter? Bei der anstehenden Synode der evangelischen
Kirche in Bonn wird es um Fragen gehen, ob die hohen Millionenbeträge
von Bund, Ländern und Kirche für die Reformationsfeiern zu Recht
geflossen sind. Denn manche Großevents – Kirchentage und
Weltausstellung – floppten, hatten enttäuschend wenig Publikum. Die
inhaltliche Auseinandersetzung mit Luther war wertvoll, aber es
bleibt die kritische von Friedrich Schorlemmer gestellte Frage: War
dieses Mammutprogramm nicht eine Selbsttäuschung? Ist es nicht
versäumt worden, die Krise der Kirche in der säkularen Gesellschaft
offen anzusprechen? Ein Radiokommentator im Reformationsland
Sachsen-Anhalt musste übrigens darauf hinweisen, dass der Feiertag am
Dienstag der Reformation zu verdanken sei und nicht Halloween.
Sonntags bleiben hier viele Kirchenbänke leer. Die evangelische
Kirche hat kein Rezept, wie sie die Menschen wieder faszinieren kann.
Pressekontakt:
Stuttgarter Zeitung
Redaktionelle Koordination
Telefon: 0711 / 72052424
E-Mail: spaetdienst@stzn.de
http://www.stuttgarter-zeitung.de
Original-Content von: Stuttgarter Zeitung, übermittelt durch news aktuell