Vor knapp zwei Wochen hielt Carles Puigdemont
vor dem katalanischen Regionalparlament eine Rede, die sich als
Unabhängigkeitserklärung interpretieren ließ. Am Tag danach sagte
Mariano Rajoy erstmals öffentlich, dass er daran denke, die
katalanische Krise mithilfe des Artikels 155 der spanischen
Verfassung in den Griff zu bekommen. Rajoy versprach, dass er „mit
Vorsicht und Verantwortungsbewusstsein“ handeln werde. Er hat sich
nicht daran gehalten. Rajoy interpretiert sein Weisungsrecht weder
mit Vorsicht noch mit Verantwortungsbewusstsein. Er hätte den
Regionalministern zunächst Aufpasser zur Seite stellen können, um
alle weiteren Schritte in Richtung Unabhängigkeit zu unterbinden – um
erst im Falle hartnäckigen Widerstands auf deren Absetzung zu
drängen. Wer den Rechtsstaat verteidigen will, muss dessen Regeln
selber genau einhalten. Rajoys Umgang mit den katalanischen Rebellen
ist eine unglückliche Mischung aus Zögerlichkeit und Überreaktion.
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