Stuttgarter Zeitung: Längst überfällige Entscheidung / Kommentar zu Mollath/Justiz

Mit der Entscheidung, Gustl Mollath ein
Wiederaufnahmeverfahren zuzugestehen, hat das Nürnberger
Oberlandesgericht endlich Recht im Namen des Volkes gesprochen. Den
Ruf der bayerischen Justiz haben die Franken trotzdem nur
unzureichend gerettet. Die unteren Instanzen im Freistaat, die keinen
Anlass dafür gesehen haben, das Skandalurteil gegen Mollath zu
überprüfen, haben zuvor negative Maßstäbe in Sachen richterlicher
Unabhängigkeit gesetzt.

Um eines klar zu sagen: die Unschuld von Gustl Mollath ist von den
Nürnberger Richtern nicht behauptet worden. Auch am Ende eines neuen
Prozesses kann ein Schuldspruch stehen. Aber der darf nicht so
zustande kommen wie das Grundurteil aus dem Jahr 2006. Das strotzt
vor offensichtlichen Fehlern und Ungereimtheiten. Niemand, der den
Richterspruch von damals gelesen hat, kann nachvollziehen, dass in
Deutschland so Recht gesprochen wird. Es macht Angst, dass es
engagierte Journalisten brauchte, um darauf hinzuweisen. Es macht
Angst zuzusehen, wie sich die Justiz dagegen wehrt, Fehler zuzugeben.
Und es bleibt die Befürchtung, dass es mehrere Gustl Mollaths geben
könnte.

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