Stuttgarter Zeitung: Lieber spät als nie / Kommentar zu Frankreich/Hollande/Rentenreform

Mit der Erhöhung der Lebensarbeitszeit haben
Frankreichs Sozialisten einen zaghaften Schritt in die richtige
Richtung unternommen. Zaghaft, weil die Rentenreformer aus Angst,
beim Volk noch mehr in Misskredit zu geraten, das heute Notwendige
erst für 2020 verordnet haben. In die richtige Richtung, weil trotz
einer beneidenswert hohen Geburtenrate auch in Frankreich das
Verhältnis von Beitragszahlern und Rentenempfängern empfindlich aus
dem Gleichgewicht geraten ist und sich in den Pensionskassen
Milliardenlöcher auftun.

Die Zaghaftigkeit hat freilich Folgen. Um den kurzfristigen
Kollaps der Altersversorgung zu verhindern, hat die Regierung die
Rentenbeiträge heraufgesetzt. Mit zunächst 0,15 Prozentpunkten ist
die Erhöhung zwar maßvoll ausgefallen. In einem Land, das die
zweithöchsten Steuern Europas ausweist und dessen internationale
Wettbewerbsfähigkeit unter rekordverdächtig hohen Lohnnebenkosten
leidet, ist aber auch ein maßvoller Aufschlag das falsche Signal. Die
von Staatschef François Hollande versprochene Trendwende auf dem
Arbeitsmarkt rückt so jedenfalls nicht näher. Und als wäre das nicht
schon bitter genug, reicht die Beitragserhöhung bei Weitem nicht aus,
um die sich in den nächsten Jahren auftuenden Löcher in den
Pensionskassen zu stopfen.

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