Stuttgarter Zeitung: Politik ist mehr als Moral / Leitartikel zu USA/Obama/Syrien

Politik ist mehr als Moral. Politik ist auch
Strategie und nüchternes Kalkül. Obama hat in seiner Rede nicht
erkennen lassen, dass er über eine Strategie verfügt, die geeignet
ist, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden. Er hat nicht gesagt, was
nach einem Militärschlag in Syrien geschehen soll, denn eines ist
sicher: der Bürgerkrieg ginge weiter, und das Morden ginge weiter –
auch wenn Assads Regime nicht mehr in der Lage sein sollte, Giftgas
einzusetzen. Nur: Obama könnte von sich sagen, dass er Wort gehalten
hat und glaubwürdig geblieben ist. Das ist aber viel zu wenig. Wut
und Verzweiflung sind angesichts der Bilder von den Opfern des
Giftgaseinsatzes verständlich. Sie dürfen aber nicht zum Maßstab für
militärisches Handeln werden, wenn militärisches Handeln nichts am
Grundproblem ändern kann.

Das ist auch der Grund, warum Obama bisher weder die
US-Öffentlichkeit noch die Abgeordneten des US-Kongresses von der
Sinnhaftigkeit seines Plans überzeugt hat. Er konnte schlichtweg die
Frage nicht beantworten, die die kriegsmüden Amerikaner umtreibt:
Warum sollen sich die USA einmischen? Für Obama mag die moralische
Begründung ausreichen. Für die US-Bevölkerung tut sie das nicht.

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