Südwest Presse: KOMMENTAR · BAHN-TARIFSTREIT

Abrüstung zum Fest

Die 34 000 GDL-Mitglieder können sich auf Weihnachten freuen. 510
Euro legt die Bahn unter den Tannenbaum, um die Lokführer friedlich
zu stimmen. Eine Summe, bei der auch ein beinhart verhandelnder
Arbeiterführer wie GDL-Chef Weselsky schlichtweg nicht mehr Nein
sagen konnte, zumal die Bahn sie allen Gewerkschaftsmitgliedern
zugesteht. Rechtzeitig zum Fest haben die verfeindeten Tarifparteien
also abgerüstet. Das von beiden Seiten gesendete Signal: Es geht doch
– der andere muss nur wollen. Von einem „Durchbruch“ zu sprechen, ist
indes verfrüht. Denn der Konflikt ist mit der Vereinbarung von
gestern noch nicht ausgestanden. Mit der Einmalzahlung, zumal nur
rückwirkend für 2014 gewährt, lässt sich allenfalls ein Burgfrieden
herstellen. Die Harmonie dürfte schnell verpufft sein. Schon im
Januar werden die Karten im Tarifpoker neu gemischt. Die GDL wird
dann auf Lohnerhöhungen bestehen, die in die Tariftabellen einfließen
und sich dauerhaft auszahlen. Ein Anfang ist jedoch gemacht. Eine
gute Nachricht – für Lokführer, Bahn und Kunden. Vom hohen Podest
ihrer jeweiligen Maximalpositionen haben die Tarifparteien die ersten
Stufen nach unten genommen – und damit Kompromissfähigkeit bewiesen,
an die viele schon nicht mehr geglaubt haben. Die strittige Frage
aber, welche der Bahngewerkschaften künftig welche Berufsgruppen
vertreten darf, ist ungelöst. Der Zündstoff bleibt.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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