Südwest Presse: KOMMENTAR · BISCHÖFE

Hinkende Oberkirche

Der Burgfrieden ist passé. Kurz vor dem Besuch des Papstes in
Deutschland streiten Bischöfe um inhaltliche Positionen. Das mag dem
ein oder anderen ungelegen kommen. Doch der Streit ist wichtig. Wie
versteht sich die katholische Kirche heute? Das ist der Kern der
Debatte, die sich am Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen
entzündet. Wofür steht die katholische Kirche? Ist sie eine fast
schon museale Organisation, die nur noch durch medienwirksame
Inszenierungen wie beispielsweise den Papstbesuch, von sich reden
macht? Ist es eine im Image zwar angekratzte, aber traditionsreiche
Institution, der kaum etwas heiliger ist als ihre eigenen Dogmen?
Oder versteht sich die katholische Kirche als Gemeinschaft, die sich
bedingungslos in den Dienst Gottes und (!) der Menschen stellt – und
zwar jenen, die im Hier und Jetzt leben, die ihrer Kirche verbunden
sein wollen, im Gelingen und im Scheitern? Der Vorsitzende der
Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Zollitsch, stellt die
Unauflöslichkeit der Ehe nicht in Frage. Doch er wirbt für eine
Seelsorge der Barmherzigkeit, die Scheitern als Teil des Lebens
begreift und offen ist für menschliche Brüche und kurvenreiche
Lebenswege. Neuland betritt er nicht. Viele Ortsgeistliche sind in
Punkto Lebensnähe ihren Bischöfen voraus. Es hinkt die Oberkirche.
Bewegt sie sich nicht, so ist zu befürchten, werden es ihre
Mitglieder tun: Und zwar von der Kirche weg.

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Südwest Presse
Lothar Tolks
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