Südwest Presse: Kommentar: Bundeswehr

Höchste Zeit

Noch ist die Bundeswehr weit davon entfernt, die jüngsten
Strukturreformen und Standortschließungen sowie die Aussetzung der
Wehrpflicht verdaut zu haben, da startet die Verteidigungsministerin
die Arbeit an einem neuen Weißbuch. Umgekehrt wäre eher ein Schuh
daraus geworden: Erst hätte sich die Bundesregierung Klarheit über
ihre sicherheitspolitischen Grundsätze, Ziele und Instrumente
verschaffen sollen, um dann Personalstärke, Organisation und
Ausrüstung der Armee auf die Rolle Deutschlands in einer veränderten
Weltordnung auszurichten. Nun warten aber die Krisen und Konflikte in
unserer näheren oder entfernteren Nachbarschaft nicht darauf, dass
die Koalition die Sicherheitsinteressen Deutschlands neu definiert.
Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus oder bei der
Eindämmung des Waffengangs in der Ostukraine muss die Bundesregierung
im Rahmen ihrer Möglichkeiten schon akut handeln und Verantwortung
übernehmen. Dennoch ist es richtig, die Leitlinien der Verteidigungs-
und Sicherheitspolitik endlich an die gewandelten Verhältnisse
anzupassen. Russland ist – anders als im Weißbuch von 2006
dargestellt – keineswegs mehr der strategische Partner der Nato,
Europa nicht mehr der Hort des Friedens und der territorialen
Integrität, und Terroristen nutzen immer brutaler das Vakuum, das
durch zerfallende Staaten entsteht. Deshalb muss man die Grundlagen
der deutschen Sicherheitsstrategie in kürzeren Abständen als bisher
aktualisieren. Das ist die Lehre aus einem Jahrzehnt, in dem sich
Machtverhältnisse, Bedrohungen und Kriegszustände in einem
beschleunigten Tempo verändert haben.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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