Südwest Presse: KOMMENTAR · CDU

Auf dem Höhepunkt

Zehn Jahre hat Angela Merkel gebraucht, um auf einem CDU-Parteitag
eine Rede zu halten, die alles enthielt, wonach sich die Delegierten
sehnen: Attacken auf den Gegner, Trost und Aufmunterung für die
eigenen Leute, Ausblick und Orientierung in einer von Krisen und
Unsicherheit geprägten Welt – und vor allem ein höchst emotionales
Bekenntnis zu den Wurzeln und Werten ihrer Partei. So innig verbunden
mit der CDU hat sich die Vorsitzende seit ihrer ersten Wahl im Jahr
2000 rhetorisch wohl noch nie präsentiert. Nun bringt es die
Dialektik des politischen Erfolgs mit sich, dass sich auf dem
Höhepunkt der Macht, in der Stunde der größtmöglichen Zustimmung und
Popularität, zugleich die Frage stellt, was jetzt noch kommen kann –
außer dem Abstieg. Das ist für Angela Merkel, die sich auch nach
langer Zeit im öffentlichen Rampenlicht durch eine erstaunliche
Portion nüchterner Gelassenheit auszeichnet, womöglich weniger ein
Thema als für die CDU. Natürlich muss eine Partei, die gegenwärtig so
stark von ihrer Frontfrau abhängig ist, fürchten, dass sie nach dem
irgendwann fälligen Abgang der Vorsitzenden ins Bodenlose stürzt.
Einstweilen aber darf sich die CDU damit trösten, dass Angela Merkel
nicht den Eindruck macht, das Feld schon bald räumen zu wollen. Dazu
klang ihre Kampfansage an Rot-Rot-Grün zu kraftvoll – und ihre
ungewöhnliche Liebeserklärung an die Partei zu bewegt.

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Ulrike Sosalla
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