Südwest Presse: KOMMENTAR · CHINA

Bangen vor dem Absturz

Chinas Börsen rutschen gerade so atemberaubend in die Tiefe wie
sie zuvor gestiegen sind. Schlimm ist das für Millionen von
Privathaushalten, die vom Staat zum Aktienkauf animiert worden waren.
Für das Weltfinanzsystem und auch die deutschen Börsen sind die
Kursverluste in Fernost zunächst nicht viel mehr als eine Korrektur
der Übertreibungen zuvor. Die entscheidende Frage zielt auf Chinas
Realwirtschaft ab: Steckt sie tatsächlich in größeren
Schwierigkeiten, als zunächst vermutet? Der Hinweis auf das
Wirtschaftswachstum im Reich der Mitte, das in diesem Jahr unter den
angepeilten sieben Prozent liegen könnte, gibt noch keinen
Aufschluss. Je mehr sich eine Volkswirtschaft entwickelt, desto mehr
flachen die Wachstumskurven ab – ein normaler Vorgang. China steckt
mitten drin in dieser Anpassung und niemand weiß, ob die Regierung
sie ohne größere Schwierigkeiten hinkriegt. Die Zweifel überwiegen
gerade – auch weil die Börse aufzeigt, dass das autokratisches System
an seine Grenzen geraten ist. Die Wirtschaft vor allem auch in
Deutschland blickt mit Bangen auf Chinas ökonomische Kennzahlen.
Kippte die Konjunktur dort, ginge der Wachstumslokomotive der Welt
die Puste aus und man mag sich nicht gern ausmalen, woher die
deutschen Auto-, Maschinenbau- oder Chemie-Unternehmen ihre Aufträge
hernehmen sollen. Das ist der Grund, warum das Börsen-Beben sich
ausgeweitet hat.

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Ulrike Sosalla
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