Südwest Presse: KOMMENTAR · CHINA

Also sprach Konfuzius

Nicht nur für chinesische Karikaturisten kam Angela Merkel als
Bittstellerin ins „Reich der Mittel“, als vermeintlich mächtige
Galionsfigur einer kränkelnden Währung. Doch statt konkreter
Hilfszusagen erntete die Bundeskanzlerin in Peking nur den
skeptischen Blick ihrer Gesprächspartner auf die Anstrengungen der
Europäer, ihre Schulden selbst in den Griff zu kriegen. Die neue
Wirklichkeit, mit der sich Angela Merkel bei ihrem nun schon fünften
Besuch in China konfrontiert sieht, spiegelt den Aufstieg des
einstigen Entwicklungslandes zum Fernost-Krösus wider. Das
Selbstbewusstsein der asiatischen Wirtschaftsweltmacht kennt kaum
noch Grenzen, nicht nur im Streit um Sanktionen gegen Syrien oder den
Iran. Mit offener Kritik sollte eine Mittelmacht wie Deutschland den
Chinesen nicht kommen, das dürfen sich wohl bloß die Amerikaner
einigermaßen ungestraft leisten. Berlin hingegen droht Liebesentzug.
Kein Kanzler hat deshalb in den letzten Jahrzehnten riskiert,
deutsche Geschäftsinteressen auf dem Altar der Menschenrechte zu
opfern. Helmut Kohl (CDU) so wenig wie Gerhard Schröder (SPD). Und
auch Angela Merkel, die in Europa so gern die „Eiserne Lady“ gibt,
hält es, zur Genugtuung der mächtigen Männer in Peking, inzwischen
mit dem in China verehrten Philosophen Konfuzius. Also sprach der
Meister: „Diskutiere nicht die Angelegenheiten eines Amtes, das nicht
dein eigenes ist.“

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Lothar Tolks
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