KOMMENTAR · EUROPA
Nur Augenwischerei? Vielleicht bekommt die Plakataktion der CDU im
Europawahlkampf noch einen tieferen Sinn: Obwohl sie nicht zur
Abstimmung steht, lächelt Angela Merkel wie eine Sphinx von annähernd
jeder fünften Straßenlaterne. Will die Kanzlerin so zeigen, wer in
Europa das Sagen hat? Fast scheint es so. Dabei werden am 25. Mai die
Vertreter des EU-Parlaments gewählt. Jean-Claude Juncker versucht für
die Konservativen zu punkten, Martin Schulz gibt den Sozialisten als
zweiter großer Fraktion ein Gesicht. Die erstmalige Benennung von
Spitzenkandidaten sollte nicht nur Schwung in den zähen
Europawahlkampf bringen. Dahinter steht auch die Zusage an die
Wähler, dass die stärkste Fraktion den Präsidenten der EU-Kommission
bestimmt. Wären sonst Europa-Parteitage und TV-Duelle, die auch die
Union mit Energie betreibt, nicht bloße Augenwischerei? Angela Merkel
gibt das europäische Posten-Geschacher gleichwohl nicht aus der Hand.
Den EU-Kommissionspräsidenten will sie weiter mitbestimmen.
Wählervotum hin, Wählervotum her. Dem ohnehin nicht allzu mächtigen
EU-Parlament bietet sie die Stirn. Die europäische Demokratisierung
wird jedoch ohne Selbstbeschränkung der nach wie vor mächtigen
Regierungschefs nicht gelingen. Eine entsprechende Zusage vor der
Wahl würde Vertrauen steigern, eine „Korrektur“ des Wählerwillens
nach dem Votum den bereits reichlich vorhandenen Frust.
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