Südwest Presse: KOMMENTAR · EUROPA

Ohne Solidarität

Was macht eine Gemeinschaft stark? Dass sie in schwierigen Zeiten
an einem Strang zieht. Die EU ist eine Gemeinschaft – doch angesichts
der Flüchtlingsströme zeigt sie sich beschämend schwach. 5 von 28
Staaten nehmen 80 Prozent der Flüchtlinge auf, versuchen Unterkunft
und Perspektive für die Bleibeberechtigten zu finden. Das
Missverhältnis weckt Protest – auch in Deutschland, wo sich Bayerns
Europa-Ministerin Beate Merk bitter über den nationalen Egoismus
vieler EU-Partner beklagt. Zu widersprechen ist ihr nicht. Und doch
sind allzu laute Klagen nicht angesagt. Deutschland hat viel
unternommen, sich den Groll und möglicherweise auch heimliche
Schadenfreude europäischer Partner zuzuziehen. Da ist zum einen die
unnachgiebige Haltung Berlins in der Griechenlandfrage, die
einerseits von vielen begrüßt wurde, andererseits aber auch
abgeschreckt hat. Mit Strenge lassen sich keine Freunde gewinnen. Zum
anderen die in Bayern erfundene Pkw-Maut. Auch sie hat Zorn in den
Nachbarländern geschürt, schließlich sollen ausschließlich deren
Bürger zur Kasse gebeten werden. In Griechenland und Italien wird man
sich auch an die bis vor kurzem geltende Weigerung Berlins erinnern,
den EU-Südstaaten in der Flüchtlingsfrage entgegenzukommen. Berlin
pochte auf die Verträge von Dublin und zeigte den Bittstellern die
kalte Schulter. Über mangelnde Solidarität muss man sich dann nicht
wundern.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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