KOMMENTAR · FEHLZEITEN
Pillen zum Funktionieren Das Problem an sich ist alt, dennoch ist
der jüngste Fehlzeiten-Report der AOK zu suchtmittelbedingten
Arbeitsausfällen alarmierend. Denn die Zahl der Tage, an denen
Arbeitnehmer krankgeschrieben sind, weil sie an den Folgen von
Alkohol- oder Tablettenmissbrauch leiden, nehmen von Jahr zu Jahr zu
– aller Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen zum Trotz. Dabei sind
Bierautomaten – früher beinahe in jedem Pausenraum anzutreffen –
vielerorts abgeschafft. Ohnehin müsste heutzutage jeder um seinen Ruf
fürchten, würde er sich vor Kollegen schon mittags ein Gläschen
genehmigen, wenn er nicht gerade Geburtstag hat. Die einst gelebte
„Saufkultur“ am Arbeitsplatz – sie gibt es allenfalls noch bei
Betriebsfesten. Der Alkoholkonsum nimmt trotzdem seit Jahren
kontinuierlich zu – bei Jugendlichen, Arbeitnehmern und Senioren
gleichermaßen. Der Einfluss des Arbeitgebers darauf ist gering. Er
kann allenfalls Hilfe leisten, indem er den Süchtigen gezielt
anspricht und ihm Möglichkeiten zum Entzug eröffnet – ohne den
moralischen Zeigefinger zu heben. Denn es geht nicht um
sittenwidriges Verhalten, sondern um eine ernst zu nehmende
Erkrankung. Anders verhält es sich mit Aufputschmitteln, die in
jüngster Zeit vermehrt als „Gehirndoping“ zur Leistungssteigerung in
den Arbeitsalltag Einzug finden. Diese Substanzen sind noch das
weitaus kleinere Problem, gewinnen aber stark an Bedeutung. Wer zu
diesen Pillen greift, will nicht vergessen – er will funktionieren.
Leistungsdruck, Arbeitsverdichtung, Konkurrenzdenken: Das alles
spielt in diese Problematik mit hinein. Es sind Faktoren, die sich
beeinflussen lassen, auch durch Arbeitgeber.
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Ulrike Sosalla
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