Mit Ansage
Betroffenheit reicht nicht. Die Flüchtlingskatastrophe vor
Lampedusa kam mit Ansage. Nach dem Auslaufen des italienischen
Rettungsprogramms Mare Nostrum war es nur eine Frage der Zeit, bis
eine Horrormeldung die EU-Staaten aus ihrer Ignoranz reißen würde.
Nach den auf einem Boot erfrorenen Flüchtlingen vom Wochenende sind
jetzt hunderte Menschenleben zu beklagen. Die EU versteckt sich
hinter Handlungsunfähigkeit. Weil sich etliche EU-Staaten nicht
zuständig fühlen für die Flüchtlingsströme, andere Länder dadurch
übermäßig beansprucht werden, wird das Mittelmeer erneut zum
Massengrab. Die Staaten der reichen Welt nehmen billigend in Kauf,
dass tausende ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft mit dem Leben
bezahlen. Dabei hatte ausgerechnet das krisengeschüttelte Italien den
EU-Partnern mit Mare Nostrum vorgemacht, wie sich Horrormeldungen mit
einem vernünftigen Rettungsprogramm vermeiden lassen. Doch die
italienische Küstenwache, so ließe sich zynisch sagen, war zu
erfolgreich. Sie brachte zu viele Menschen an Land und animierte so
möglicherweise Schlepperbanden, noch mehr Menschen auf offenem Meer
auszusetzen. Der Hinweis ist nicht von der Hand zu weisen. Doch was
ist die Alternative? Die Mission Triton, die zuerst dem Grenzschutz
nicht der Rettung von Menschen verpflichtet ist? Das kann nur
vertreten, wer bereit ist, das Massensterben im Mittelmeer als
kleineres Übel zu billigen. Bei allen nötigen Anstrengungen in den
Fluchtländern: Die EU kann nicht mit dieser Form der Abschottung auf
Krieg und Krisen reagieren. Es sei denn, sie gibt viele ihrer Werte
preis.
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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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