Südwest Presse: KOMMENTAR · G 36

Teilzeit für Gewehre

Das Standardgewehr der Bundeswehr soll im Einsatz – man darf ihn
mittlerweile sogar Krieg nennen – nur noch eingeschränkt genutzt
werden. Denn heißgeschossen oder in den wärmeren Gefilden der Welt
genutzt, fehlt es dem G 36 an Treffsicherheit. Mit dieser Erklärung
ordnet Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen nicht nur die
Teilzeit für Gewehre an, sie gesteht einmal mehr einen Skandal im
Beschaffungswesen der Bundeswehr ein. Sind Helikopter, deren Boden zu
dünn ist, um unter der Last von Soldaten mit voller Ausrüstung nicht
durchzubrechen, noch eine Lachnummer, ist das Problem G 36 eine
ernste Sache: Soldaten, die im Gefecht auf ein Sturmgewehr angewiesen
sind, das sich von einer Deko-Waffe vor allem dadurch unterscheidet,
dass es überhaupt schießt, sind schutz- und nutzlos. Dass von der
Leyen diesen Missstand zugibt, ist gut. Doch warum erst jetzt? Klagen
seitens der Truppe über die mangelnde Präzision des G 36 gibt es
immerhin seit einigen Jahren. Was tun mit 176 000 Gewehren? Selbst zu
Übungs- und Ausbildungszwecken, wie nun angedacht, taugen sie
vermutlich nur bedingt, schließlich sollen Soldaten lernen, zu
treffen. Und die Gewehre – wie schon geschehen – an kurdische Kämpfer
im Irak verschenken? Das wäre angesichts der neuen Erkenntnisse
schlicht zynisch. Am Ende bleiben Metallschrott, ein Imageschaden für
den Hersteller Heckler & Koch und Ernüchterung. Denn für ihre
phantastischen Ideen globaler militärischer Expeditionen fehlt von
der Leyen selbst das einfachste Material. So kann sie nur das
Wachbataillon ausrüsten – doch das benutzt ohnehin historische
Waffen.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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