Südwest Presse: KOMMENTAR · GLYPHOSAT

Aus dem Lot

Selten nimmt ein Streit solche Züge an wie der um die
Wiederzulassung des Herbizids Glyphosat und seiner chemischen
Beiprodukte in der EU. Emotionen mögen zu solch einem Konflikt
gehören. Besonders hilfreich sind sie nicht. Dass sich mittlerweile
im Urin, in Muttermilch, in Ackerböden, Gewässern oder im Bier
geringe Mengen der Substanz finden, erstaunt nicht. Es handelt sich
dabei um das weltweit meistbenutzte Herbizid. Deshalb ist um so
nüchterner abzuwägen, ob es genügend Anhaltspunkte gibt, um im Sinne
eines vorbeugenden Gesundheitsschutzes den Chemikalienmix weiter
zuzulassen oder nicht. Entscheidend ist, dass das Spritzmittel auf
den Stoffwechsel von Pflanzen, bei Tieren und Menschen auf den
Hormonhaushalt wirkt. In diesem Fall geht es dann nicht um die Frage,
wie viele millionstel Gramm ein Organismus zu sich nehmen kann, ohne
geschädigt zu werden. Entscheidend ist, ob der hochsensible
Hormonhaushalt durch die Rückstände auf längere Sicht aus dem Lot
gerät. Zahlreiche Untersuchungen sprechen genau dafür. Deshalb müssen
die Verantwortlichen in der EU exakt abwägen, ob sie die
nachgewiesenen Risiken einer zunehmenden Anreicherung der Substanzen
in den Organismen akzeptieren. Bier- und anderen Freunden
alkoholischer Getränke dürfte hingegen klar sein: Übermäßiger Konsum
schadet nicht nur der Leber. Ein Vollrausch zerstört auch tausende
Gehirnzellen.

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Südwest Presse
Ulrike Sosalla
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