Südwest Presse: Kommentar – Guttenberg

Als Verteidiger seiner selbst hat Karl-Theodor zu
Guttenberg im Bundestag keine schlechte Figur gemacht. Jedenfalls hat
der Minister unter dem rhetorischen Dauerfeuer der Opposition weder
gewankt noch gar die Waffen gestreckt. Ein ganzer Kerl, dieser Herr.
Und doch kann man kaum glauben, dass er dauerhaft im Amt zu halten
ist. Popularität als Panzer mag für einen Moment taugen. Doch der
Verlust von Glaubwürdigkeit und Vertrauen nagt am Nimbus des
Volkshelden. Die Entzauberung eines Idols kann dauern, denn sie ist
für den Liebling der Massen ebenso schmerzhaft wie für seine
Bewunderer. Wer täuscht, enttäuscht. Wer Leistung von anderen
verlangt, kann sich nicht ungefragt am geistigen Eigentum Dritter
bereichern. Dafür gibt es nachträglich keinen Rabatt. Für die
moralische Bewertung ist unerheblich, ob ein Doktorand oder ein
Bundesminister betrogen hat. Insofern stellt es den Zynismus der
Macht bloß, wenn die Bundeskanzlerin künstlich trennt zwischen einer
außerdienstlichen Jugendsünde ihres Hoffnungsträgers und dessen
politischer Befähigung. Angela Merkel traut sich in Wahrheit nicht,
sich von einem möglichen Rivalen zu trennen, um sich beim Wahlvolk
nicht unbeliebt zu machen. Doch die Nibelungentreue der Union zum
Jung-Siegfried der deutschen Politik wird sich rächen. Der
Vertrauensschwund der politischen Klasse schreitet fort.

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Lothar Tolks
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