Noch ein Zwischenschritt
Was ist Familie? Nur Vater, Mutter, Kind? Diese Definition ist
Vergangenheit. In der Praxis beweisen das jeden Tag Patchworkfamilien
mit Kindern aus diversen Beziehungen. Die juristische Anerkennung
holt auf, wenn auch nur langsam und oft erst unter dem Druck
höchstrichterlicher Urteile. Einen großen Schritt in Richtung echter
Gleichstellung liefern deshalb jene Entscheidungen, die das
Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof für
Menschenrechte gestern gefällt haben – in unterschiedlichen Fällen
zwar, doch mit ähnlicher Tendenz: Die sexuelle Orientierung, so der
Tenor beider Urteile, darf in keiner Situation Grund für
Diskriminierungen sein. Das ist gut so. Doch bis zur vorbehaltlosen
Akzeptanz Homosexueller ist es noch ein Stück Weg – sonst müssten
nicht immer wieder Gerichte auf solche Selbstverständlichkeiten
hinweisen. Nach wie vor tut sich die Bundesregierung schwer,
eingetragenen Lebenspartnern die steuerliche Gleichstellung mit
Ehegatten zu gewähren und wartet auch in dieser Sache auf einen Wink
aus Karlsruhe. Das mag taktischem Kalkül der Union geschuldet sein,
die konservative Stammwähler nicht verprellen will. Doch angesichts
gewandelter gesellschaftlicher Haltungen und einer über Jahre hinweg
klaren Linie der Gerichte wirkt dieses Zaudern zunehmend befremdlich.
Denn Zwischenschritte zur vollen Gleichbehandlung gibt es schon mehr
als genug.
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Südwest Presse
Lothar Tolks
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